Mit barocker Pracht und kammermusikalischer Transparenz präsentierte sich am Sonntag, dem 9. November, in der St.-Martini-Kirche in Dransfeld Johann Sebastian Bachs »Messe in h-Moll«. Das Göttinger Barockorchester musizierte in nahezu solistischer Besetzung, der Kammerchor der Universität Göttingen überzeugte mit homogenem, warmem Klang.
Besonders reizvoll: Das Publikum erlebte gleich neun Dirigentinnen und Dirigenten, die im Rahmen eines Meisterkurses des Verbandes Deutscher KonzertChöre (Leitung: Frank Löhr) das Werk gemeinsam gestalteten. Die jungen Musikerinnen und Musiker aus München, Weimar und Graz verliehen der Aufführung eine frische Energie – jede und jeder mit eigener Körpersprache und musikalischer Handschrift. Namentlich waren das Lukas Thiele, Burkard Euring, Nathanael Vorwergk, Sophia Nahirniak, Johannes Raphael Lamprecht, Chiara Perneker, Natali Kazlauskaité, Nikolai Skoda unbd Nicola Procaccini.
Bachs »Messe in h-Moll«, 1748/49 vollendet, gilt als sein »opus summum et optimum« – als Summe eines Lebenswerks. Über drei Jahrzehnte hatte Bach daran gearbeitet und ältere Kantatensätze mit Neukompositionen zu einem monumentalen Ganzen verbunden. Ihre Dimension sprengte jedes gottesdienstliche Format; uraufgeführt wurde sie erst 1856 in Frankfurt.
Trotz ihrer akademischen Struktur entfaltete die Aufführung in Dransfeld große emotionale Kraft. Mächtige Tutti-Passagen, getragen von drei Naturtrompeten und Pauke, wechselten mit zarten Momenten tief empfundener Innigkeit. Besonders das »Qui tollis peccata mundi« erklang wie ein inniges Gebet, während das »Cum Sancto Spiritu« mitreißende Jubelenergie entfachte. Herausragend auch Johannes Rag am Kontrabass, dessen Virtuosität die Musik federnd und lebendig hielt.
Im »Credo« spannte der Chor einen eindrucksvollen Bogen von der Klage des »Crucifixus« bis zur strahlenden Auferstehungsfreude des »Ressurexit«. Das »Et expecto« geriet zum Gänsehautmoment, präzise geführt und klanglich ausbalanciert. Das anschließende »Sanctus« ließ die St.-Martini-Kirche in erhabener Klangfülle erstrahlen.
Zu den Glanzpunkten zählten auch die Arien: Martin Höhler begeisterte mit der »Benedictus«-Arie im feinen Zusammenspiel mit Flöte, Cello und Orgel; Henriette Gödde gestaltete das »Agnus Dei« mit ruhiger Intensität und makelloser Stimmkontrolle.
Zart beginnend und schließlich in feierlichem Glanz endend, schloss das »Dona nobis pacem« das Konzert mit einer Friedensbitte, die berührender kaum sein könnte.
Das Publikum – zahlenmäßig überschaubar, aber hoch konzentriert – dankte mit großem Beifall. Eine umjubelte zweite Aufführung fand am Montagabend in der restlos ausverkauften Universitätskirche St. Nikolai in Göttingen unter Leitung von Antonius Adamske statt.