Manga und Photo von Keanu Demuth
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Göttinger Frühjahrslese

Todkomische Rückkehr in den Zauberberg

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Heinz Strunk: »Zauberberg 2«
von Keanu Demuth, erschienen am 24. März 2025

Literaturfans und Buchliebhaber kamen bei der diesjährigen Göttinger Frühjahrslese mal wieder voll auf ihre Kosten! Der berühmte Schriftsteller, Musiker und Schauspieler Heinz Strunk beehrte am 22. März die Sheddachhalle und präsentierte seinen neuen Roman »Zauberberg 2«. Eine Hommage an den Klassiker von Thomas Mann. Nach seinen Bestsellerromanen »Fleisch ist mein Gemüse« und »Der goldene Handschuh« zeigte Strunk erneut, dass er ein Meister der Tragikkomik ist. Nicht ohne Grund trägt »Zauberberg 2« den Untertitel »Todtraurig. Todkomisch.«  Aber ist »Zauberberg 2« eine würdige Fortsetzung des Originals?

Heinz Strunk 650Bei der Länge des Buchs macht Heinz Strunk den großen Thomas Mann schonmal alle Ehre. Denn die Hörbuch-Version allein dauert sieben Stunden, also ganz im Sinne von Manns dickem Wälzer. Für die Lesung hat Strunk seinen Roman auf eine Short Story in 90 Minuten runtergedampft. Diese kurze Version wusste gewiss zu überzeugen. Der Bestsellerautor überschüttete das Publikum regelrecht mit lustigen Momenten und Gags. Aber ohne Tragödie im Mittelpunkt wäre Strunk schließlich nicht der “Meister der Tragikkomik”.

Treu dem Original lässt sich auch in »Zauberberg 2« ein junger Mann in ein Sanatorium einweisen. Sein Name lautet Jonas Heidbrink. Obwohl er sich eine Karriere aufgebaut hat, leidet er an Depressionen und Angststörungen. Aus anfänglich einem Monat verlängert er seinen Aufenthalt auf ein ganzes Jahr. Denn draußen erwartet ihn traurigerweise nichts. Dies beschrieb Strunk nach der Pause auf bittersüße Weise: „Als er eingeliefert wurde, war es Mitte Januar. Er verlängert wochenweise. Und jetzt haben wir es schon Mai.“ Seine ironischen und sarkastischen Kommentare machten die Lesung zu einem sehr amüsanten und bissigen Hörerlebnis.

Im Gegensatz zum Original gibt es keine philosophischen Debatten, dafür aber erneut viele kuriose Figuren. Diesen Figuren wirken besonders glaubwürdig dank der deftigen und unverblümten Sprache. Auch wenn Strunk das ein oder andere Schimpfwort raushaut, wirken die Dialoge nie zu vulgär oder deplatziert.

Der Patient Klaus nimmt wirklich kein Blatt vorm Mund und wird zum geheimen Star des Romans. „Es ist so kalt, da friert dir die Pisse im Schwanz ein!“ Mit magdeburgischem Akzent „spielte“ Strunk den abgehalfterten Klaus und sorgte für ordentliche Lacher.

Der Bestsellerautor präsentierte damit nicht nur eine reine Lesung im klassischen Sinne. Er hauchte den verschiedenen Charakteren richtiges Leben ein, indem er seine Stimme verstellte und sie richtig voneinander abhob. Dank dem lebhaften Vorspielen wirkte die Lesung wie ein waschechtes Live-Hörspiel. Die Pflegerin vertonte er zum Beispiel mit einer ganz heiteren und naiven Stimme. „Jonas Heidbring, Erfinder. Wie Daniel Düsentrieb, haha,“ mit solchen lustigen Anmerkungen gab er seinen Figuren das gewisse Etwas. 

Eines der Highlights war ganz bestimmt, als Strunk die Stressbewältigungsübungen der Pflegerinnen richtig ulkig beschrieb. Beim gemeinsamen Musizieren spielten die Pflegekräfte immer „The River is Flowing“, was die Patienten schon müde machte. „Dies ging weitere ‘atemberaubende’ 20 Minuten so weiter.“ Der trockene Humor von Strunk war einfach großartig! Und für das traurige Ende spielte er sogar anmutige Melodien auf seiner Querflöte.

Eine Todkomische Rückkehr in den Zauberberg!

Dank einer ordentlichen Prise deftigem Humor war Heinz Strunks Lesung von »Zauberberg 2« besonders unterhaltsam und kurzweilig. Vor allem sein „Schauspiel“, das lebendige Beschreiben der Szenen und das Hineinversetzen in die Charaktere, löste echtes Kopfkino aus! Viele Parallelen und Anspielungen sorgen dafür, dass sich Kenner:innen von Thomas Manns »Der Zauberberg « wie zu Hause fühlen. Mit seinem trockenen Humor und tragischen Unterton gibt er dieser Fortsetzung seine ganz eigene Note. Somit ein würdiger Nachfolger.

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