Am 25. Mai ging das Familienprogramm “Händel 4 Kids!” in die nächste Runde. Dieses Jahr wurde natürlich die gefeierte Händel-Oper Tamerlano in der Inszenierung von Rosetta Cucchi für die Kleinen aufgeführt. Ist der düstere Stoff aber überhaupt geeignet für ein junges Publikum und konnte Tamerlano in der Familienfassung überzeugen?
Die kurze Antwort: Ja! Obwohl man sich am Anfang vielleicht doch gefragt hat, ob die Oper nicht zu finster ist für die Kids. Vor pechschwarzer Kulisse sehen wir den Tatarenfürsten Tamerlano (Lawrence Zazzo), wie dieser sein Schwert schwingt und die osmanischen Krieger des Bajazet (Juan Sancho) niederstreckt. Trotz dieser etwas brutalen Szene wurde es dennoch nicht zu düster für die Kleinen, besonders als KiKA-Moderator Juri Tetzlaff als Erzähler auf die Bühne trat. Mit seiner humorvollen und lockeren Art zauberte er nicht nur den Kids, sondern auch den Eltern und Erwachsenen oft ein Lächeln auf Gesicht. Viele seiner ironischen Bemerkungen sorgten für ordentliche Lacher. Zum Beispiel als Dara Savinova als Irene ihre Wut in einer Arie ausdrückt und Tetzlaff fragt, “denkt ihr das klang nach ‘Happy, Happy, find ich gut.’” Natürlich nicht! Irene ist stinksauer, dass ihr zukünftiger Gemahl Tamerlano lieber Bajazets Tochter heiraten will. Da wirft sie auch noch schreiend den Blumenstrauß auf den Boden, und jeder weiß was los ist.
Die Interaktionen von Juri Tetzlaff mit den jungen Zuschauer:innen war wie im letzten Jahr wieder ausgezeichnet. Er ermutigte die Kids einen richtigen Kampfgebrüll rauslassen und teilte das Publikum auf in Osmanen links und Tartaren rechts. Also fingen links alle Kinder an Bajazet zuzujubeln, während rechts alle “TAMERLANO” brüllten!
Lawrence Zazzos leicht übertriebenes Schauspiel als Tamerlano passte in der Familienfassung umso mehr. Hochnäsig lässt er sich die Nägel polieren und hängt richtig den bösen und plumpen Herrscher raus! Und dazu wurde es auch sehr lehrreich: Zasso erklärte den Kleinen, dass seine Stimme so hoch klingt, weil die Bösen damals von Kastraten gesungen wurden. Danach gab er dem jungen Publikum etwas Gesangsunterricht und zeigte, wie man von der Brust- in die Kopfstimme kommt. Hierbei erstaunten viele junge Zuschauer:innen, als er seinen Stimmumfang demonstrierte und Tamerlano zu einer richtigen Alarmsirene wurde!
In Hinsicht auf die musikalische Darbietung stand die „Mini-Kids-Version“ der langen Fassung in nichts nach. Das FestspielOrchester Göttingen unter George Petrou zeigte sich erneut in Bestform und haute mit seinen wuchtigen Klängen so manchen kleinen Zuschauer schon von den Sitzen.
Und natürlich waren die großen Arien mit dabei. Diese imponierenden Arien waren gewiss das große Spektakel für die Kleinen! Besonders Louise Kemény als Bajazets Tochter Asteria demonstrierte eindrucksvoll ihre Koloratur-Fähigkeit und die Beweglichkeit ihrer mächtigen und agilen Sopranstimme.
Trotz der düsteren Thematik war Tamerlano 4 Kids Unterhaltung für die ganze Familie! Nicht nur das Schauspiel und die Arien der Darsteller:innen überzeugten, sondern vor allem ihre charismatische und sympathische Art. Alle Schauspieler interagierten in kleinen Erzählpausen wunderbar mit dem Publikum. Und natürlich war Juri Tetzlaff als unterhaltsamer Moderator und Erzähler wieder unübertroffen und brachte frischen Wind in die Opernwelt!