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Nikolaus Kühn, Volker Muthmann, Leonard Wilhelm, Florian Eppinger, Stella Maria Köb, Rebecca Klingenberg, Bastian Dulisch | © Photo: Thomas Müller
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Deutsches Theater

Schrill, komisch und überraschend aktuell 

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Premiere von »Der zerbrochene Krug«
von Miriam Bode, erschienen am 09. Dezember 2024

Bunte und schillernde Kostüme (Elena Kreuzberger) lassen auf den ersten Blick nicht an Heinrich von Kleists »Zerbrochenen Krug« denken. Das Lustspiel aus dem frühen 19. Jahrhundert handelt von dem Dorfrichter Adam (Volker Muthmann), der in einem von ihm selbst geleiteten Gerichtsverfahren versucht, seinen Machtmissbrauch und seine Schuld zu vertuschen. Unter der Regie von Moritz Franz Beichl gelingt diese Verbindung von schrillen Kostümen und 200 Jahre altem Dialog aber ausgezeichnet.

 

Gegenstand des Konflikts des Stücks ist der titelgebende zerbrochene Krug. Eves Mutter (Rebecca Klingenberg) beschuldigt Ruprecht (Leonard Wilhelm), den Verlobten ihrer Tochter, den Krug zerbrochen zu haben. Zusammen mit seinem Vater (Nikolaus Kühn) bestreitet er dies. Erst nach und nach verstrickt Richter Adam sich in Widersprüche und durch Eves (Stella Maria Köb) mutiges Geständnis, durch den Gerichtsrat Walter (Florian Eppinger) und den Gerichtsschreiber (Bastian Dulisch) kommt schließlich die Wahrheit ans Licht. 

Im Gegensatz zu den Kostümen steht das recht schlichte Bühnenbild (Ute Radler), das den kargen Gerichtssaal, in dem die Handlung spielt, gut in Szene bringt. In der Mitte steht ein Rundpodest mit mehreren Stufen, zwischen denen die Schauspielenden hin und her wechseln. Es ist eine schöne Möglichkeit, zu zeigen, wer gerade die Oberhand hat, wessen Geschichte hinterfragt wird und wer vom Rande aus beobachtet. Dabei schwebt beinahe die ganze Zeit der zerbrochene Krug unheilbringend über den Figuren. 

Der Theaterklassiker wird im deutschen Theater aber besonders durch die Kostüme neu interpretiert. Ruprecht und Eve tragen beide hellblau, ihre jeweiligen Elternteile schwarz und orange, und so werden Zusammengehörigkeit und Verbindungen gezeigt. Richter Adam trägt zwei verschiedene Schuhe und wirft sich in seiner Rolle als Richter einen langen violetten Mantel über. Es ist skurril, macht aber neugierig, und mithilfe einiger Musik- und Tanzeinlagen hat es einen großen Unterhaltungsfaktor. Dabei sticht Gerichtsrat Walter besonders heraus, der einen schlichten Anzug trägt, und es wird deutlich, dass er als Außenstehender nicht Teil der konfusen Dorfbeziehungen des Stücks ist. 

Aber nicht nur die Kostüme unterhalten und bringen zum Lachen, auch die überragende Leistung der Schauspielenden erfreut das Publikum. Volker Muthmann gelingt es, einen nervösen, katzbuckelnden und moralisch höchst fragwürdigen Richter Adam darzustellen, der immer wieder Ausflüchte und Erklärungen sucht – oft auf Kosten anderer. Dazu der heuchlerische Dialog, wenn er etwa sagt: „Ich, der Hüter dieser heiligen Hallen“, während er selbst schamlos lügt und seine Schuld vertuscht, um den Schein einer gerechten und anständigen Verhandlung aufrecht zu erhalten.  

Dazu im Kontrast steht Eve, die lange nichts sagt und schließlich ihre Wut und ihren Mut in einem Geständnis zeigt, das Richter Adam auffliegen lässt. Stella Maria Köb spielt mit großer Stärke die ungerecht behandelte, junge Frau. Besonders bemerkenswert wird auch Eves Mutter gespielt. Es ist eine Freude zu beobachten, wie sie von ihrer überzeugten Anschuldigung abkommt und immer wieder den ihr wichtigen Konflikt in absurder Beharrlichkeit in den Vordergrund rückt: den zerbrochenen Krug. 

Die Aufführung von Heinrich von Kleists Komödie im Deutschen Theater ist überzeugend und lohnt sich zu besuchen. Die beabsichtigt überzogenen Figuren in ihren bunten Kostümen bringen zum Lachen, während gleichzeitig sehr anschaulich die Problematik von ungeheurem Machtmissbrauch und Ausnutzung der eigenen Position aufgedeckt wird. Trotz der Tatsache, dass Kleists Lustspiel über 200 Jahre alt ist, wirkt dieses Problem erschreckend aktuell. Es ist eine Komödie, der es nicht an tragischen und heiklen Elementen fehlt, eine Mischung, die diese Inszenierung hervorragend zum Vorschein bringt. Nach lautem und anhaltendem Applaus verlässt das Publikum zwar amüsiert, aber auch sehr nachdenklich das Theater.

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