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Manga von Keanu Demuth
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Theater im OP

Faust als LGBTQ-Symbol

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Premiere »Eine trans* Erzählung nach Faust 1«
von Keanu Demuth, erschienen am 31. Mai 2025

“Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein!” Diesen Satz hat sich ThOP-Regisseurin Erin Arnold zu Herzen genommen und adaptierte Goethes “Faust” als ein Stück um Außenseiter, Akzeptanz und den andauernden Kampf gegen Homophobie und Queerfeindlichkeit. »Eine trans* Erzählung nach Faust 1« feierte am 28. Mai Premiere im ThOP.

Bedrohliche Geister unserer Zeit

Beim Betreten des ThOPs fällt einem sofort Fausts Studierzimmer auf, welches sich auf der oberen Tribüne befindet. Für Rebekka Köcher als Faust bietet dieses Studierzimmer viele Möglichkeiten zur Interaktion. Nachdenklich sitz Köcher an einem riesigen Holztisch, um Fausts Verzweiflung und Einsamkeit richtig Ausdruck zu geben.

Vollgestopfte Regale mit uralten Büchern neben leeren Pizzakartons: Das Bühnenbild verrät, dass sich Kochs Faust in unserer Gegenwart befindet, mit einem Hauch “Sturm und Drang”. Faust ist in einer Sinnkrise und wendet sich deshalb der Magie zu. “Grinst du mich an Schädel!” Rebekka Köcher schafft es, dem einsamen und manischen Faust Leben einzuhauchen, indem sie auf makabere Weise zu dem Totenschädel im Bücherregal spricht. Zudem hat dieser Faust eine nichtbinäre Geschlechtsidentität. Dadurch gibt Rebekka Köcher all denen ein Gesicht, die selbst auf der Suche nach der eigenen Identität sind.

Währenddessen sind unten auf der Hauptbühne das 16-köpfige Ensemble zu sehen, welches wie ein Mini-Publikum auf Faust reagiert und diesen schließlich heimsuchen will! Die Position der Akteure, Faust und Geister, sorgt für eine gewisse Distanz und repräsentiert den Kampf gegen Mobbing und Ausgrenzung. Zombieartig bewegen sich die Darsteller:innen, und fangen an mit einem Gespenstergeschrei Faust und dem Publikum einen echten Schrecken einzujagen. Denn Faust hat die Erdgeister heraufbeschworen, und die sind alles andere als erfreut! Das furchteinflößende Geschrei und der Zombiewalk erinnerte dabei ein klein wenig Michael Jackson’s “Thriller”.

Mephisto sorgt für Sexappeal

Natürlich tritt anschließend Mephisto (Ben Matz) in Fausts Leben, um den Wissenschaftler auf einer verführerischen Reise zur Selbsterkenntnis zu begleiten. Als Mephisto sorgt Ben Matz für eine ordentliche Portion Humor und Sexappeal. Lustig verwüstet er Fausts Zimmer, während er sich räkelt und mit Faust flirtet. Er bringt die homoerotischen und obszönen Aspekte des Teufels wieder, ganz im Sinne von Goethe.

Fausts und Mephistos Reise zu den verschiedenen Stationen der Freude und Lust findet ebenfalls in unserer heutigen Zeit statt. Auf ihrer Reise Treffen sie in einer Bar auf unbeschwerte Party People, die bei Karaoke ihre Sorgen vergessen, oder auch auf Dragqueens bei der Walpurgisnacht. Besonders diese freudigen Karaoke-Szenen, bei denen die Darsteller:innen wie Ben Matz Goethes Reime als Schlager-Songs performen, machen viel Spaß anzuschauen und gehören definitiv zu den Highlights!

Herzerwärmende Szenen

Auch die Romanze zwischen Faust (Rebekka Köcher) und Gretchen (Roxanne Grigoleit) ist besonders herzerwärmend. Die Chemie zwischen Köcher und Grigoleit stimmt einfach. Sie schaffen es die unschuldige und süße Annährung zwischen den beiden Figuren glaubhaft und modern rüberzubringen. Es wirkt so, als seien Faust und Gretchen zwei Teenies bei »Eis am Stiel«. Eine sehr erfrischende Interpretation des Stoffs. Und als Faust und Gretchen sich leidenschaftlich küssten und unmissverständlich ihre Gefühle ausdrückten, war das Publikum ganz aus dem Häuschen! Hut ab vor Köcher und Grigoleit für ihre Kühnheit auf der Bühne!

Warnung vor verstörenden Momenten

Verstörende Szenen die homophobische oder queerfeindliche Beleidigungen enthalten, werden in Erin Arnolds Inszenierung ebenfalls unverblümt gezeigt, weshalb es eine Triggerwarnung gibt. Faust ist umringt von anderen Leuten, die ihm wie Plagegeister ständig sagen, dass er nicht normal sei. Hier fühlte man mit Köcher richtig mit, als sie ihre emotionale Verletzlichkeit richtig glaubhaft darstelle.

Fazit

Wird es Faust noch schaffen seinen Platz in der Welt zu finden? Und wird Gretchen dasselbe grausame Schicksal ereilen wie in Goethes Original? Das können Sie jetzt selbst herausfinden. »Eine trans* Erzählung nach Faust 1« modernisiert den Goethe Stoff für unsere junge Generation, ohne dabei seine Wurzeln zu vergessen und sorgt dabei für einige Überraschungen! Erin Arnold und der überzeugende Cast schaffen es, ernste Themen wie Queerfeindlichkeit glaubhaft in Goethes Werk zu verarbeiten und machen Faust zum LGBTQ-Symbol. Dabei bleiben aber vor allem die freudigen Momente nicht auf der Strecke, sodass man als Zuschauer:in gewiss sagen wird: “Verweile doch! Du bist so schön!”

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