Runa Ikeda | © Manga von Keanu Demuth
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Kunstverein Göttingen

Fantastische surreale Kunst aus China und Japan

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Ausstellung Geng Xue und Runa Ikeda »Oneiroi« WELTEN WANDLERINNEN N°4 & N°5
von Keanu Demuth, erschienen am 27. Oktober 2024

Fantastische Fabelwesen und schaurige Geschichten aus dem alten China. Die finale Ausgabe der Ausstellungsreihe WELTEN WANDELN vom Kunstverein Göttingen hat es richtig in sich! Seit dem 20. Oktober präsentiert der Kunstverein im Alten Rathaus die multimediale Ausstellung »Oneiroi« der beiden Künstlerinnen Geng Xue und Runa Ikeda. Beide Künstlerinnen erforschen in ihren Arbeiten träumerische und surreale Welten.

Runa Ikeda kommt aus Japan und hat sich auf Malerei und Zeichnung spezialisiert. Zu der Vernissage am 20. Oktober kam Ikeda sogar in einem traditionellen Kimono vorbei, und sorgte damit für viel Aufsehen. Ihre ausgestellten Werke ergründen das Unterbewußte, ihre subjektive Psyche und die Wechselbeziehung von Licht und Schatten. Auf einigen Bildern sind fantastische Hybridformen aus Mensch und Tier zu sehen, auf anderen sehen wir einen weißen Engel der aus den Schatten hervortritt. „Meine Bilder entstehen ganz spontan,“ erklärt Ikeda. „Ich habe bei jedem Bild zunächst kein Hauptkonzept. Ich möchte meine Gefühle ausdrücken und das erforschen, was jenseits von mir und meiner Vorstellungskraft ist. Für meine Arbeiten benutze ich auch meist Holzkohle und kann damit gut Licht und Schatten darstellen. Denn für mich gibt es kein Licht ohne Schatten und umgekehrt.“

Für die Vernissage spielte ihr Ehemann DJ Shinichiro Ikeda „Klangkunst Stücke“ auf dem Synthesizer und erweckte damit einzigartige Impressionen, die an das ländliche Japan erinnerten. Das Rauschen eines Bachs oder die Geräusche bei Runa Ikedas Malprozess wurden gepaart mit orgelähnlichen spacigen Klängen.

Ein weiteres besonderes Werk ihres Ausstellungsteils ist „Untitled“, also ohne Titel. In diesem sieht man feuerrote und schwarze Schwünge und Linien, die eine Art Kern bilden. Das Bild wirkt sehr symmetrisch bzw. gespiegelt und weckt Assoziationen von einer Sonnenfinsternis oder einem Vulkan. „Besonders dieses Bild ist selbst für mich ein Mysterium. Dessen Energie absorbiert und verschlingt mich beinahe,“ erzählt die Künstlerin. „Auch hier habe ich beide Hände zum Malen benutzt, da es eine heilende Wirkung auf mich hat. Aber nach wie vor fand ich für dieses Bild keinen passenden Titel wegen seiner mysteriösen Aura.“

Mysteriös weiter geht es auch bei dem zweiten Ausstellungteil von Geng Xue. Geng Xue ist eine Multimedia-Künstlerin aus China und Professorin für Porzellan. Auch im Alten Rathaus werden viele ihrer einzigartigen Porzellan-Skulpturen ausgestellt. Ihre Arbeiten stellen unheimliche und verwebte Nacherzählungen der Chinesischen Kulturgeschichte dar, allem voran ihr Stop-Motion „Mr. Sea“. Auch dieser Film wird bei der Ausstellung gezeigt. Bei ihren Porzellan-Skulpturen sehen wir unvollendete, abstrakte Figuren, die auf fantastische Weise miteinander verschmelzen und ein einzigartiges Gesamtbild geben. Auch Figuren aus Chinesischen Sagen der Qing-Dynastie findet Eintritt in ihren Skulpturen.

Aber Geng Xues Magnum Opus ist ohne Zweifel ihr beeindruckender Stop-Motion-Animationsfilm „Mr. Sea“. In diesem erweckt sie ihre Porzellan-Figuren zum Leben! Der Film basiert auf „Strange Stories from a Chinese Studio“, einer Sammlung übernatürlicher Geschichten von Pu Songling aus der Qing-Dynastie. „Mr. Sea“ erzählt die Geschichte eines jungen Reisenden, der einer Schönheit und später einer tödlichen Schlange namens Mr. Sea (Hai Gongzi auf Chinesisch) begegnet. Das Märchen ist aber alles andere als kinderfreundlich. Getreu dem Original schreckt Xue nicht davor zurück, die Gewalt und Erotik in ihrem Stop-Motion-Film darzustellen. Die Schlange sticht in die Nase des Reisenden, sodass eine Menge Blut fließt und die Schönheit zerbricht in unzählige Scherben. Deshalb hat der Kunstverein den Film ab 16 Jahre eingestuft. Aber nicht die Gewalt macht den Film aus, sondern die beeindruckenden fließenden Bewegungen der Figuren und die beklemmende düstere Atmosphäre machen den Film zu einem echten Geheimtipp. Als die Porzellanpuppe durch einen nebligen Wald läuft wirkt das schon sehr magisch und erinnert an Tim Burtons Gotik-Animationsfilme.

Wer surreale fantastische Kunst und dazu noch einen erstklassigen Stop-Motion-Film bestaunen möchte, sollte sich also die Ausstellung von Runa Ikeda und Geng Xue keinesfalls entgehen lassen. Die Ausstellung läuft bis zum 15. Dezember.

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