Willkommen im Kulturportal vom Kulturbüro Göttingen. 

Hier finden Sie Termine und Nachrichten aus dem Kulturleben der Region. Sie können sich einloggen oder neu registrieren, Ihr Abonnement abschließen oder verwalten, in dem Sie auf das Menü rechts klicken. (Die drei kleinen schwarzen Balken.)
Mit einem bezahlten Abonnement haben Sie Zugang zu allen Texten und Funktionen – und unterstützen die Arbeit des Kulturbüros.

© Nicolò Foron
  • Dieser PLUS-Artikel ist frei verfügbar
Information
Göttinger Symphonieorchester

Die Konsumierbarkeit von Krieg?

Information
»Girls und Panzer« beim Horizonte-Festival
von Philine Aleida Freese, erschienen am 11. Mai 2025

Im Rahmen des Horizonte-Festivals des Göttinger Symphonieorchesters, das sich dieses Jahr dem Thema „Krieg und Frieden“ widmet, fand die Sonntagsmatinee »Girls und Panzer« statt.  Den Titel erhielt sie durch die gleichnamige Uraufführung des Komponisten Clemens K. Thomas.

Im Vorfeld des Konzerts fand ein Künstlergespräch statt, bei dem Cosima Obert mit Clemens Thomas und dem Dirigenten Nicolò Umberto Foron die Stückauswahl und die Hintergründe des Programms, speziell von »Girls und Panzer« besprochen hat. 

Das Hauptthema dabei war die Konsumierbarkeit von Krieg auf Social-Media-Plattformen und im Alltag. Die These dabei: Viele Menschen können mit der direkten Konfrontation mit Kriegsbildern nicht gut umgehen, verniedlichte Versionen werden jedoch gern geschaut – so zum Beispiel der Anime »Girls and Panzer«, bei dem sexualisierte und verniedlichte Darstellungen von Schulmädchen, die Krieg spielen, oder aber auch Kurzvideos von viralen Tänzen in Uniform vorkommen. Da alles heutzutage konsumierbar gemacht wird, oder sogar sein muss – so die These – werden diese ernsten Themen auf perverse Art verdreht. In Thomas´ Werk ist diese Verdrehtheit aufgegriffen und thematisiert worden. Auch das Marschlied »Erika«, das in der NS-Zeit für propagandistische Zwecke eingesetzt worden ist, wurde mit seinen Kanonenschlägen zitiert.

Die Aufführung startete mit Schumanns Ouvertüre zu seiner Schauspielmusik Manfred – Dramatisches Gedicht in drei Abteilungen op. 115, das auf einer gleichnamigen Dichtung von Lord Byron beruht. Als romantisches Werk vorneweg, das sich ebenfalls mit Zwiespälten und den Konsequenzen, die Menschen für ihr moralisch fragwürdiges Verhalten tragen müssen, beschäftigt, führte es das Publikum an das nachfolgende moderne Programm heran.

Als zweites Stück wurde dann Girls und Panzer uraufgeführt – ein Werk über die „Konsumierbarkeit von Krieg in Mitteleuropa“ und die „Politik als Balanceakt voller Kompromisse und Widersprüche“, wie Thomas sein Werk selbst beschreibt. Das Werk war energisch und zeichnete sich durch viele Tempiwechsel aus. Das Grundtempo war eher zügig, anfangs durch kurze Märsche dominiert, die jedoch von atonalen Abschnitten und ungewöhnlichen Percussionsoli unterbrochen wurden. Auch der Konzertmeister durfte einige solistische Passagen spielen. Die gegensätzlichen Abschnitte, die ständig mit der Hörerwartung des Publikums brachen, schafften eine Atmosphäre der Widersprüche und des Unwohlseins. Der ungewöhnliche Einsatz von einigen Instrumenten, wie die Verwendung lediglich der Mundstücke bei Blech-Passagen kann als eben diese Herunterbrechung von Tatsachen interpretiert werden. 

Danach folgte mit Maralinga von Matthew Hindson ebenfalls ein Werk mit politischem Bezug. Es ist benannt nach dem australischen Gebiet Maralinga, dass in den 1950er Jahren für Atomwaffentests genutzt wurde. Dieses Violinkonzert wurde mit dem Solisten Tassilo Probst aufgeführt, der das unruhige Streicherwerk mit schnellen, hohen und unruhigen Stellen sicher durch die Anspannung und „Countdowns“ der Tests führte. Tassilo Probst spielte auch im Anschluss noch ein modernes Lied als Solozugabe, die dem Publikum so gut gefiel, dass dieses mittendrin schon anfing zu klatschen. 

Zuletzt wurde die Sinfonie Nr. 4 von Arthur Honegger aufgeführt, die 1946, kurz nach dem Ende des zweiten Weltkriegs, entstanden ist und den Beinamen Deliciae Basilienses trägt. Das Werk, das auch als Friedenssinfonie rezipiert wird, rundete das Konzert wieder harmonisch und melodisch ab und führte das Publikum zurück in die friedlichen Gefilde Mitteleuropas. 

Das Programm zeichnete sich durch vier sehr unterschiedliche Werke aus, die nicht nur thematisch unterschiedlich waren, sondern auch sehr verschiedene Charaktere hatten. Das Orchester hatte nicht nur eine hohe rhythmische Vielfalt, sondern auch mit ungewohnten Klängen und Erwartungsbrüchen zu arbeiten, was unter der Leitung von Foron sehr gelungen ist. Ein wenig vermisst wurde bei der Programmauswahl, angesichts des Anspruchs, zeitgenössische Werke sowie Künstler:innen aufzuführen und des Konzerttitels Girls und Panzer, eine weibliche Komponistin. Davon abgesehen war die Stückauswahl sehr breit gefächert und gut kombiniert. 

Philine Aleida Freese

Keine Kommentare

Warum kann ich diesen PLUS-Artikel lesen?

PLUS-Artikel sind Texte, für die eine freie Mitarbeiterin oder ein freier Mitarbeiter bezahlt wird. Die Umsätze unserer Abonnent:innen dienen zur Finanzierung dieser Leistung.

Auch die Veranstalter als Partner des Kulturbüros tragen zum Beispiel mit ihren Anzeigen zu dieser Finanzierung bei. In diesem Fall hat das Göttinger Symphonieorchester eine PLUS-Partnerschaft übernommen, damit Sie diesen Text lesen können.

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.