Goslar, Hannover (epd). Der Niedersächsische Heimatbund (NHB) moniert in seiner Roten Mappe 2024 Pflegedefizite im Welterbe Harz und den Verlust historischer Aktenbestände in der Welterbestadt Goslar. Die Rote Mappe ist seit 1960 der Jahresbericht zur Situation der Heimatpflege in Niedersachsen. Die aktuelle Dokumentation übergab der NHB kürzlich an Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Der Goslarer Geologe und Umweltschützer Friedhart Knolle kritisierte am Mittwoch die Vorgänge.
Beim Harzer Welterbe beklagt der NHB Defizite beim Erhalt von Teilen der Oberharzer Wasserwirtschaft, eines vorindustriellen Wasserleitsystems aus Gräben, Kanälen und Teichen, das die Wasserkraft zur Energiegewinnung nutzte. Einige Gräben wiesen einen gravierenden Substanzverlust auf, heißt es in der Roten Mappe - speziell genannt wird der Lautenthaler Kunstgraben im Innerstetal. Insgesamt fehle im Welterbe eine Bestandserfassung, ein systematisches Monitoring, eine Ansprache der Besitzer und die entsprechende Information der Kommunen.
Dem NHB zufolge befinden sich auch Archive in niedersächsischen Kommunen in prekärer Lage. Besonders betroffen seien historische Bauakten. Die Rote Mappe nennt das Beispiel der Unesco-Welterbestadt Goslar, wo der Schutz historischer Bauakten der über 1.500 denkmalgeschützten Gebäude besonders wichtig sei. Hier sei bereits älteres Schriftgut aus Bauakten unsachgemäß entsorgt worden.
Knolle beklagte noch von einem weiteren „besonders eklatanten Fall illegaler Altarchivalien-Vernichtung“, der erst nach Redaktionsschluss der Roten Mappe 2024 bekannt geworden sei. Das Ratsgymnasium Goslar habe entgegen den Vorschriften des Niedersächsisches Archivgesetzes sein Archiv entsorgt, ohne es vorher dem Stadtarchiv Goslar anzubieten. Das Stadtarchiv habe nur noch die jüngeren Bestände retten können, die besonders wertvollen und sehr weit zurückreichenden Dokumente seien verschwunden. „Das ist ein unglaublicher Vorgang mitten in der Unesco-Welterbestadt, der dringend aufgeklärt werden muss“, sagte Knolle.