Willkommen im Kulturportal vom Kulturbüro Göttingen. 

Hier finden Sie Termine und Nachrichten aus dem Kulturleben der Region. Sie können sich einloggen oder neu registrieren, Ihr Abonnement abschließen oder verwalten, in dem Sie auf das Menü rechts klicken. (Die drei kleinen schwarzen Balken.)
Mit einem bezahlten Abonnement haben Sie Zugang zu allen Texten und Funktionen – und unterstützen die Arbeit des Kulturbüros.

© Manga von Keanu Demuth
  • Dieser PLUS-Artikel ist frei verfügbar
Information
Kunstverein Göttingen

Schutz vor dem Sturm

Information
Asef-Burckhardt: »SHELTER–BONE«
von Keanu Demuth, erschienen am 23. Januar 2025

Neblige Steilküsten, starker Wind, uralte Mammutbäume und verlassene Holzscheunen. Nicht gerade das, was man mit Kalifornien in Verbindung bringt. Die Rede ist von der “Sea Ranch”, eine Planstadt entlang der Felsenküste im Norden San Franciscos. Das Kunst–Duo und Lebens–Paar Asef-Burckhardt bringt die “Sea Ranch” direkt nach Göttingen ins Künstlerhaus. Ihre Ausstellung »SHELTER–BONE« läuft seit dem 12. Januar und beschäftigt sich mit dem Zusammenspiel von Architektur und Natur. Schutz und Umwelt. Die Besucher:innen erwartet eine multimediale Ausstellung mit echten authentischen Objekten aus der “Sea Ranch” und einem atmosphärisch-dichten Filmraum, der den Betrachter immersiv in seinen Bann zieht.

Ihren charakteristischen 60s-Look mit Holzgebäuden und -scheunen bekam die “Sea Ranch” durch Landschaftsarchitekt Lawrence Halprin und seine Ehefrau, die Choreografin und Tänzerin Anna Halprin. Seitdem ist die Siedlung weiter gewachsen und ist nun bekannt für seine modernistische Architektur. Leider muss die “Sea Ranch” auch immer wieder mit Waldbränden kämpfen, sehr zum Leidwesen der uralten Mammutbäume.

mario kirstin450Das Künstler-Paar Asef-Burckhardt besuchte die “Sea Ranch“ 2018 sowie 2023 und führten umfangreiche Recherche– und Arbeitsperioden. Die Ambivalenz des Ortes faszinierte sie auf Anhieb: Große Holzgebäude mit klaren Linien stehen an der imposanten Pazifikküste neben rauschenden Wellen und beeindruckenden Mammutbäumen. Diese Steilküste wurde nicht nur zur Kulisse ihrer Video-Installation, sondern auch zum organischen Charakter selbst. Interessanterweise sieht man starke Parallelen zwischen Asef-Burckhardt und dem “Sea Ranch”-Ehepaar Halprin. Mario Asef hat Architektur studiert genau wie Lawrence Halprin und Kirstin Burckhardt ist eine Performerin und Psychologin, somit eine ganz ähnliche Choreografin wie Anna Halprin. Bloßer Zufall? Man kann es nicht leugnen, das fühlt sich schon wie Schicksal an.

Sobald man die Ausstellung betritt, sticht einem sofort ein Miniaturmodell einer kalifornischen Holzscheune auf, im Stil der 60er und 70er Jahre. Geht man weiter sieht man ein äußerst einzigartiges Konstrukt, welches seine eigene Geschichte schreibt im Künstlerhaus. Wir sehen ein echtes Kohlestück von einem Waldbrand bei der “Sea Ranch”. “Dieses Stück Kohle ist sehr faszinierend für uns, da es nicht industriel, aber auf tragische Weise erzeugt wurde. Vormals das Holzstück eines Mammutbaums, trägt es mehrere hundert Jahre mit sich,” erklärt Mario Asef. Das Kohlestück schreibt wirklich seine eigene Geschichte, denn es liegt auf einer Plane, und bewegt sich durch akustische Vibration weiter. Die Plane symbolisiert daneben “Shelter”, Schutz. Die Schwingungen werden durch einen Transducer erzeugt, welcher Asef-Burckhardts Worte wiedergibt und auch den Sturm auf der “Sea Ranch”. “Was erzählt mir dieses Stück gespeicherte Erinnerung?” Nach mehreren Tagen werden wir es wissen, denn dann hat sich die Kohle in die weiße Plane eingeschrieben. Die Kohle könnte somit als “Bone” gedeutet werden, die Künstler lassen aber einen breiten Spielraum für Interpretation.

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht aber gewiss Asef-Burckhardts Kurzfilm »SHELTER – BONE (To Anna and Lawrence Halprin at The Sea Ranch)« der in einem besonders immersiven Raum abgespielt wird. Wir hören ganz laut das wilde Rauschen des Windes auf der Pazifikküste. Der Raum ist abgedunkelt, die Fenster sind vernagelt und abgeriegelt mit Brettern, um vor dem Sturm zu schützen und den Besucher:innen einen sicheren Unterschlupf (“Shelter”) zu bieten. Somit fühlt es sich beinahe so an, als wäre man selbst hautnah auf der windigen Steilküste. Wirklich sehr effektvoll und atmosphärisch! Das Auge kann somit nicht anders als dem Film willenlos zu verfolgen. Wir sehen Kirstin Burckhardt, wie sie im hohen Gras steht. Sie praktiziert anmutige Tai-Chi Bewegungen, und es sieht beinahe so aus, als würde sie den Wind auffangen und bändigen. Ihr Mann Mario Asef schwenkt öfters die Kamera, um die stürmische Küste, eine verlassene Holzscheune und das winkende Gras zu zeigen. Somit sucht die Kamera die Landschaft. Asef hat den Film als One-Shot gedreht, somit gibt es keine Schnitte und alles passiert organisch. Die Landschaft selbst wird zum Darsteller und man wird fasziniert von dem Naturschauspiel! Dabei passt sich Kirstin an die Umgebung an, zappelt und tanzt zügellos mit den schaukelnden Pflanzen.

Nach diesem atmosphärischen Filmraum ist die Führung aber noch nicht zu Ende. Das Kunst-Paar hat in den nächsten Räumen eine Art Museum im Künstlerhaus installiert, bei welchem Objekte aus der “Sea Ranch” ausgestellt werden. Das persönliche Archiv von Asef-Burckhardt zeigt eine Abalone-Muschel, die Holzrinde eines Mammutbaums, Skizzen von Lawrence Halprin und vieles mehr.

Wer sich von der eindrucksvollen Immersion der “Sea Ranch” umbetten lassen möchte, sollte also unbedingt beim Künstlerhaus vorbeischauen. Die Ausstellung »SHELTER–BONE« geht bis zum 23. Februar 2025.

Keine Kommentare

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.