Pointierte Professionalität und einen divers-humoristischen Eindruck in den Alltag wissenschaftlicher Arbeit. Dies bekam die Zuschauerschaft am 21. März in der Sheddachhalle geboten, denn dort fand im Rahmen der Göttinger Frühjahrslese der immer wiederkehrende Science Slam statt. Die Veranstaltung verfolgt das Konzept, aktive Wissenschaftler:innen einzuladen, die ihre Forschung allgemeinverständlich präsentieren. Doch dafür haben sie nicht viel Zeit! Nur 10 Minuten sind jedem gegeben, die eigenen Erkenntnisse und Durchbrüche vorzustellen. Der Art der Darstellung sind wiederum keine Grenzen gesetzt und bleibt den Präsentant:innen vollkommen selbst überlassen. Dazu ist das Ganze ein Wettbewerb, denn die Zuschauer:innen sollten die spannendste und informativste Darbietung mit einem Preis küren – provisorisch gemessen an dem Dezibel-Wert des Applauses.
Betreut wurden Programm und Performance durch den altbekannten Science-Slam-Macher und Moderator Manuel Maidorn, der selbst einen wissenschaftlichen Hintergrund besitzt. Dabei amüsierte er auch dieses Mal mit viel Charisma und Witz das interessierte Publikum, welches durch die humoristische, charmante Rahmung bis zum Ende heiter blieb. Dies war außerdem der interaktiven Gestaltung des Abends zu verdanken. So spielte Special Guest Dr. Ben Bühring mit den Zuschauenden das Spiel „Science Fact of Science Fiction“, wobei faszinierende lokale Forschungsprojekte aus Göttingen vorgestellt wurden – eines jedoch frei erfunden war.
Lebendig wurde der Science Slam natürlich durch seine sechs Referent:innen, die ein vielfältiges und reichhaltiges Repertoire an Forschungsprojekten aus ihrer eigenen akademischen Karrierelaufbahn vorstellten. Von der Praktizierung des Neohellenismus, über die Agrarwissenschaft bis hin zu Diamanten und Quantentechnologie – an Informativität, Originalität und Erkenntnisreichtum fehlte es zu keinem Zeitpunkt. Wenn die Themen auch noch so nischig waren, die kreativen Vortragsweisen der Präsentant:innen sorgten dafür, dass jede Art von Unverständnis und Distanz zwischen Publikum und Gegenstand in kürzester Zeit überbrückt wurde. Die Stile des Vortragens reichten dabei von skandierter Poesie, melodischen Gesangseinlagen bis zur Imitation einer expertenbasierten Live-Beratung. Dennoch waren die Vorträge keinesfalls rein performativ, sondern durchzogen von zukunftsorientierten Appellen an die Gesellschaft. Mithilfe einer historischen Parallele wurden die Gefahren des aufstrebenden Faschismus für die Wissenschaft dargelegt. Aber auch die Relevanz von Klimaschutz, und wie er vielleicht durch Wissenschaft effizient und fortschrittlich gestaltet werden kann, wurde von den Referent:innen eindrücklich aufgezeigt. Besonders berührend und einprägsam erwies sich auch der Vortrag über Gesundheit und Tod, welchem mithilfe von Organspende der Kampf angesagt werden kann.
Zum Sieger des Science Slam kürte das Publikum den Werkstoffwissenschaftler Uwe Gaitzsch, der mit seinem gewinnenden Vortrag über die effiziente Gestaltung von Flugzeugtriebwerken hochkomplexe Sachverhalte an ein großteilig physikalisch unbelesenes Publikum kommunizierte. Wahrscheinlich war es gerade diese Diskrepanz zwischen einer vermeintlich trockenen, schwer greifbaren Disziplin und der nonchalanten, humoristischen Vortragsweise von Gaitzsch, der beispielsweise wissenschaftliche Merksätze mithilfe bekannter Melodien zeitloser Musikhits einsang, welche am Ende so begeisterte. Durch diesen, aber auch ebenso durch alle weiteren Referent:innen konnte der Science Slam einmal mehr beweisen, dass Wissenschaft nicht nur ein zentrales und wichtiges Fundament gesellschaftlicher Wertfindung und Entwicklung darstellt, sondern in seinen Inhalten auch ebenso unterhaltsam, inspirierend und tief berührend sein kann.