Die Jacobikantorei Göttingen präsentierte am Sonntag in der gut gefüllten Jacobikirche ein wirkungsvolles Mozart-Programm voller Energie, Klangpracht und stilistischer Vielfalt. Besonders brillierte Sopranistin Anna Nesyba – die Kantorei St. Jacobi überzeugte mit großem Einsatz in einem fordernden Meisterwerk.
Von der Ouvertüre zu Figaros Hochzeit bis zum monumentalen Schluss der Großen Messe in c-Moll KV 427: Das Sommerkonzert der Jacobikantorei unter der Leitung von Stefan Kordes entfaltete am 22. Juni ein musikalisches Panorama, das festlicher kaum hätte sein können. Das Publikum wurde mit einem dramaturgisch klug aufgebauten Programm durch die verschiedenen Facetten von Mozarts Werk geführt – von der opernhaften Leichtigkeit über geistliche Strahlkraft bis hin zur dramatischen Tiefe.
Der Auftakt mit der Figaro-Ouvertüre war energiegeladen und präzise: Das Göttinger Symphonieorchester spielte mit Transparenz und federnder Rhythmik – ein versprochenes Fest. Mit der Solo-Motette „Exsultate, jubilate“ folgte ein erster vokaler Höhepunkt: Anna Nesyba überzeugte auf ganzer Linie mit strahlender Höhe, müheloser Koloratur und beeindruckender Ausdruckskraft. Ihr souveränes und zugleich inniges Singen ließ sie zur musikalischen Hauptfigur des Abends werden – ein Triumph sowohl in der Motette als auch später in den Sopranpartien der Messe.
Im Zentrum des Abends stand Mozarts Große Messe in c-Moll, in der Uwe Wolf und Frieder Bernius eine historisch fundierte, künstlerisch überzeugende Fassung geschaffen haben. Sie füllen Lücken behutsam, ohne zu ergänzen, was nicht belegt ist – und ermöglichen damit eine vollständige Aufführung, die sich dennoch stilistisch ganz im Geist Mozarts bewegt.
Die Chorpartien, gerade in dieser Messe, verlangen jedoch vokale Ausdauer und ständige Präsenz. Die Jacobikantoreizeigte sich dieser Aufgabe gewachsen: rhythmisch präzise, mit klarer Linienführung und bemerkenswerter Geschlossenheit. Besonders in den komplexen Fugen des Gloria und Cum Sancto Spiritu sowie im doppelchörigen Sanctus überzeugte der Chor durch Einsatzfreude und musikalisches Engagement. In manchen Passagen zeigte sich allerdings, wie hoch die Anforderungen dieser Partitur sind – dynamisch durchgängig kraftvoll, in der Höhe fordernd und mit wenig Raum zur stimmlichen Erholung. Dass Stefan Kordes dabei punktuell für dynamische Differenzierung sorgte, brachte wohltuende Entlastung und gestalterische Tiefe.
Die Solist:innen – neben Anna Nesyba auch Simone Schwark (Sopran 2), Benjamin Glaubitz (Tenor) und Clemens Heidrich (Bass) – ergänzten sich gut. Während Nesyba unangefochten im Zentrum stand, agierten die anderen stimmlich ausgewogen und stilistisch sicher, wenn auch partiturbedingt etwas weniger präsent.
Einen besonderen Moment schuf das „Et incarnatus est“, in dem sich eine kammermusikalische Innigkeit entfaltete: Mit Max Lötzsch (Flöte), Matthias Weiss (Oboe) und Borja Aras Durá (Fagott) entstand ein bezauberndes Quartett zusammen mit Nesyba – ein stiller, atmender Kontrast zur orchestralen Wucht der übrigen Messe.
Am Ende: großer Applaus – für ein Konzert, das nicht nur durch kluge Werkwahl, sondern vor allem durch den spürbaren künstlerischen Einsatz aller Beteiligten bestach. Ein eindrucksvoller Abend, festlich und fordernd zugleich – ganz im Sinne Mozarts.