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Maren Kames vor der Universitätskirche St. Nikolai in Göttingen | © Photo: Bode
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Literarisches Zentrum

Ein sprechender Hase im Weltraum und ein herausragendes Hörerlebnis im Nikolaikirchhof

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Lesung mit Maren Kames «Hasenprosa»
von Miriam Bode, erschienen am 31. August 2024

Es ist ein besonderer Abend und eine ungewöhnliche Lesung des Literarischen Zentrums. Am 28. August 2024 zu Maren Kames' Lesung von «Hasenprosa» versammeln sich die Zuhörenden nicht wie gewohnt im Literaturhaus. Da holen sie nur ihre Kopfhörer ab und weiter geht’s zum Nikolaikirchhof. Dort warten Stühle und Sitzkissen auf die Besucher, Maren Kames sitzt an einem beleuchteten Tisch und es kann losgehen.

Maren Kames «Hasenprosa» steht auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis. Der Lesung nach zu urteilen hat sie sich ihren Platz dort auch mehr als verdient. Sie liest einen Ausschnitt vor, der zu Beginn etwas verwirrt: Die Erzählerin fliegt mit einem sprechenden Hasen durchs Weltall, der absurde, aber auch überraschend kluge Äußerungen von sich gibt. Vor allem zeigt der Ausschnitt aber Kames schriftstellerisches Talent. Der Text ist keineswegs komisch, stattdessen voller Weisheit und Humor verpackt in poetische Worte und Sätze mit sehr passenden kleinen wissenschaftlichen Exkursen über zum Beispiel Sprache und Weltraum. Es ist eine außerordentlich gut getroffene Mischung aus Fakten und Dichtung mit einer großen Portion persönlicher Emotionen, die berühren und mitreißen. Hauptsächlich handelt der Text nämlich von Familie, über die Großeltern und Geschwister der Erzählerin. Trotz der ehrlichen und authentischen Beschreibungen sprüht jeder Satz vor Liebe und Zuneigung zu den Verwandten. 

Dass die Lesung so außergewöhnlich ist, ist vor allem der Autorin zu verdanken. Mit weicher und ruhiger Stimme liest sie vor und lässt die Zuhörenden die Geräusche um sich herum vergessen. Natürlich helfen dabei auch die Kopfhörer, durch die man die Umgebung ohnehin leicht ausblenden kann. Dabei wirkt Kames nahbar, lacht auch über sich selbst, erzählt von ihrem alten Handy und den alten Kopfhörern. Und obwohl bei «Hasenprosa» zweifelsfrei auch der Text allein ausreicht, um zu überzeugen, setzt die Autorin noch einen drauf: Einen Großteil der Zeit ist ein Sternbild neben sie auf eine Leinwand gebeamt, passend zu ihrem Roman ist es das Sternbild des Hasen. Während der Lesung beschreibt der Text nicht nur in liebevollem Detail ein Prince Konzert, sondern Kames spielt unter anderem auch «Purple Rain» selbst ab, sodass die Lesung zu einem Genuss für die Ohren wird. Mal lässt sie nur die Musik spielen, mal liest sie während der Musik ein Stück, dann wieder liest sie ganz ohne Musik. So schafft sie ein außerordentliches Erlebnis, das eine gewöhnliche Lesung an Kreativität und Fantasie weit übertrifft.

Dabei unterstützen auch die Atmosphäre und die Umgebung, die sehr passend für diese Lesung gewählt sind. Maren Kames sitzt beleuchtet vor der Nikolaikirche, während die Dämmerung anbricht, bis es schließlich so dunkel wird, dass die Zuhörenden beinahe nur noch an ihren rot leuchtenden Kopfhörern zu erkennen sind. Trotz der Dunkelheit ist es gemütlich warm und weder Regen noch Kälte stören an diesem Abend. Die Gedanken der Zuhörenden können sich so völlig in dieser ungewöhnlichen Lesung verlieren und man lässt sich nur von Kames Stimme leiten.

Im zweiten wesentlich kürzeren Teil der Lesung werden einige Fragen gestellt. Kames selbst reflektiert darüber, ob es sich bei «Hasenprosa» um einen Roman handele (sie selbst findet schon, viele Kritiker sehen das aber anders). Außerdem erzählt sie von ihrem Schreibprozess und bezeichnet all ihre bisherigen drei Werke als Reisebücher. Für «Hasenprosa» wenigstens ist das ein sehr passender Name: der Hase und die Erzählerin reisen nicht nur geographisch, sondern auch metaphorisch von Erinnerung zu Erinnerung und Kames malt so ein poetisches und ehrliches Bild voller Zuneigung zu ihrer Familie.

Alles in allem ist der Abend ein sehr besonderes Erlebnis. Dafür sorgen zum einen der kluge Text und zum anderen Maren Kames‘ liebenswerte, sympathische und kreative Art. Bilder und Musik verleihen dem Text zusätzlich eine Ebene, die man nur selten hat, wenn man im Stillen zuhause ein Buch liest. Kames zeigt, dass ein großartiger Text selbst überzeugen kann und dennoch traut sie sich den Text durch weitere künstlerische Elemente zu erweitern. All diese Dinge sorgen dafür, dass das Buch sowie der gesamte Abend noch lange sehr positiv in Erinnerung bleiben werden.

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