Wenn sich das Semester dem Ende zuneigt und die Klausurenphase für die Studierenden der Universität Göttingen immer näher rückt, dann gibt es neben den Herausforderungen des Studiums die Konzerte der studentischen Ensembles mit viel Vorfreude erwartet. Den Auftakt am Ende des Wintersemesters 2023/2024 machte die Akademische Orchestervereinigung (AOV) mit ihren zwei Konzerten. Das Konzert am Sonntag wurde von der Kulturbüro-Autorin Jasmin d’Amico besucht.
Die Beliebtheit des Konzertes ließ sich auch am zweiten Konzert am 21. Januar an der fast vollbesetzten Aula der Universität am Willhelmsplatz erkennen, in der ein breitgefächertes Publikum das »Violinkonzert in D-Dur« von Johannes Brahms, sowie die 6. Sinfonie »Pastorale« von Ludwig von Beethoven erwartete. Die Besonderheit des Orchesters ist vor allem, dass es sich durch eine vielfältige Mischung von studentischen und außeruniversitären Mitgliedern auszeichnet. Die Mitglieder stellen regelmäßig nach ihren wöchentlichen Proben ein solches Konzert auf die Beine, der große Publikumszuspruch hat für die 1920 gegründete AOV bereits eine lange Tradition.
Unter großem Applaus betrat das Orchester um 18 Uhr die Bühne. Gefolgt von Larissa Cidlinsky, die an diesem Abend die Solo-Violine spielte, und dem Dirigenten Piero Lombardi, der die Leitung des Konzertes übernahm.
Das Konzert startete direkt mit dem »Violinkonzert in D-Dur« von Brahms. In seinem ersten Satz im Allegro non troppo beginnt die AOV zunächst mit einem sinfonischen Orchestereinsatz und der Vorstellung der wesentlichen Themen. Der Auftritt der Solo-Violine gespielt von Larissa Cidlinsky erfolgt mit einer kraftvollen, charakteristischen Melodie die im weiteren Verlauf durch das Orchester aufgegriffen und weiterentwickelt wurde. Die internationale Preisträgerin beeindruckte durch Geschicklichkeit und Leidenschaft im Umgang mit der Violine und konnte schon zu Beginn des Konzertes ihr großes Talent unter Beweis stellen. Besonders im zweiten Teil des ersten Satzes erzeugten Violinistin und Orchester ein spannendes Zusammenspiel, in der sich die Violine immer wieder gegen das Orchester „behaupten“ musste, sodass eine lebendige Abweichung von anderen üblichen Kompositionen den Zuhörer:innen dargeboten wurde.
Der zweite Satz im Adagio begann mit einem gefühlvollen Oboen-Solo und entwickelte sich in den Hörnern und Holzbläsern bis schließlich die Solo-Violine die tiefen Gefühle der Musik auffing. Besonders in diesem zweiten Satz war es fast unmöglich den Blick von Larissa Cidlinsky abzuwenden. Sie spielt das emotionale Adagio mit einer solchen Hingabe, dass es die Zuschauer:innen nur mit Freude erfüllen konnte, ein solches Schauspiel ansehen und anhören zu dürfen.
Nach dieser deutlich melancholischen Stimmung erweckte der dritte und letzte Satz im Allegro giocoso, ma non troppo vivace die Fröhlichkeit wieder zum Leben. Der Name verspricht ein verspieltes und schnelles Tempo mit tänzerischen Merkmalen, die das Stück zu einem würdigen Abschluss führten. Vor allem die Interaktion der Solo-Violinistin sowohl mit dem Dirigenten Piero Lombardi als auch mit dem restlichen Orchester machten diese Darbietung zu etwas Besonderem die den Zuhörer:innen die Lebensfreude vermitteln konnte.
Bevor es dann schließlich in die für das Orchester wohlverdiente Pause ging, konnte Larissa Cidlinsky die Besucher:innen noch mit einer, durch die Lautstärke des Applauses gemessenen, sehr willkommenen Zugabe (demLargo aus Bachs Violinsonate Nr. 3 BWV 1005) bezaubern. Nach ihrem Auftritt im Aulakonzert der Göttinger Kammermusikgesellschaft mit dem Alma-Rosé-Trio vor einer Woche gastierte die 1994 in Niederbayern geborene Künstlerin erneut ihr Publikum begeistern.
Nach der Pause und mit einer leicht veränderten Orchesterbesetzung ging es dann mit der 6. Sinfonie, die auch »Pastorale« benannt ist, von Ludwig von Beethoven weiter.
Die Sinfonie entführte in eine ländliche und idyllische Landschaft. Beethoven liebte das Landleben, was durch seine vielen Aufenthalte in der Umgebung Wien und den nahegelegenen Wäldern zur Geltung kommt. Für ihn stellte die Natur eine Zuflucht da. Sie bewahrte ihn vor der Gesellschaft und ihrem Zwang. So wurde in seinem ersten von fünf Sätzen im Allegro ma non troppo eine Art Erwachen in der Natur hervorgerufen. Das Orchester spielte eine heitere und leichte Melodie, die auch durch die sanfte Art und Weise des Dirigenten getragen wurde. Die Anmut der Natur wurde schließlich jedoch auch durch einen Auftakt der Instrumente gezeichnet.
Der zweite Satz beschreibt eine Szene am Bach und wird im Andante molto moto gespielt. Das Orchester transportiert durch seine fließende Spielweise die Töne eines leicht rauschenden Bachs. Untermalt wurde diese Kontinuität durch eine Begleitmelodie die auch immer wieder durch lautmalerische „Tiergeräusche“ wie zum Beispiel Vogelgezwitscher eindrucksvoll durch das Orchester gespielt wurden. Während im dritten Satz der Sinfonie noch Heiterkeit und Tanzeslust im Allegro non troppo aufkamen, wurde die Stimmung im vierten Satz erheblich durch das Grollen eines aufkommenden Gewitters gedrückt. Hier wurden besonders gut durch verschiedenste Einsätze der Instrumente die Bedrohlichkeit und Hektik herausgearbeitet. Doch Beethoven komponierte für seine 6. Sinfonie ein positives Ende. Denn nach jedem Sturm, naht auch wieder Sonnenschein, was durch seinen fünften Satz im Allegretto in Szene gesetzt wurde und das Konzert mit Heiterkeit beenden konnte.
Nach diesem überaus anspruchsvollen und komplexen Programm, das von der AVO lange geprobt und vorbereitet wurde, brach das Publikum in lange Beifallsbekundungen aus und gaben den Musiker:innen die Rückmeldung die sie verdienten. Ein Abend, welcher der klassischen Musik alle Ehre machte und seine Besucher:innen mit wahrscheinlich nichts als positiven Worten über die Akademische Orchestervereinigung Göttingens entließ.