Waren Sie schon mal in Schlangenbad? Nein? Dann wird es höchste Zeit, denn in diesem schrecklich netten Dörfchen ereignen sich noch Wunder! »Das Wunder von Schlangenbad« feierte am 5. März seine Premiere im Göttinger Theater im OP. Die Komödie von Jürgen Stenzel entführt uns in das beschauliche Dorf Schlangenbad, in dem die Dorfgemeinschaft einen überraschenden Fund macht.
Doch so mysteriös wie der Name Schlangenbad klingt, ist das Dorf auf den ersten Blick gar nicht. Schon seit Jahren liegt hier der Hund begraben (außer natürlich der Kalte Hund, den Frau Meier großzügig bei jeder Gelegenheit serviert). Die einen schwelgen in Nostalgie, die anderen sehnen sich nach Veränderung – aber bitte nur in sittlichem Maße! So sieht es zumindest Bürgermeister Torsten Schneider, der mit gutem Willen, aber nur mäßigem Weitblick das Dorfgeschehen lenkt. Mit dem Mantra „Wasser ist die Quelle des Glücks“ wird er von einer alten Bekannten umgarnt und schließlich dazu bewegt, gutgläubig einen Vertrag zur Sanierung des Wassernetzes zu unterschreiben - leider auf Kosten der Anwohner! Der Vertrag entpuppt sich als Katze im Sack und die Schlangenbader sind in Aufruhr. Doch bei dem Versuch, das gute alte Wasser von Schlangenbad zu retten, machen sie eine unerwartete Entdeckung: Das Brunnenwasser scheint eine geradezu magische, euphorisierende Wirkung zu haben! Schnell wird daraus eine Geschäftsidee und das ganze Dorf packt an. Ganz so einfach ist es dann aber natürlich doch nicht mit dem großen Geld. Recht und Ordnung machen den Schlangenbadern immer wieder einen Strich durch die Rechnung.
Die gesamte Handlung spielt sich auf dem beschaulichen Dorfplatz von Schlangenbad ab. Hier begegnen sich Kritiker und Beschwichtiger, Träumer und Pragmatiker, Modernisierer und Nostalgiker, Rebellen und Diplomaten. Es wird flaniert, pausiert und vor allem diskutiert. Denn die Schlangenbader tragen das Herz gewissermaßen auf der Zunge. Zwischen Willis Kiosk und dem wundersamen Brunnen entfaltet sich ein Dorfleben, das an manchen Tagen still vor sich hinplätschert und an anderen vor Aufregung übersprudelt. Fortwährend betreten neue Figuren den mit Kopfsteinen gepflasterten Platz und es ergeben sich neue Gesprächskonstellationen. Hier werden Briefe ausgetragen, Vollversammlungen abgehalten und Segen erteilt.
Die Schlangenbader sind eine Truppe, die das Leben nicht besser hätte schreiben können. Sie haben alle so ihre Marotten, aber irgendwie muss man sie doch einfach lieb haben. Autor und Regisseur Jürgen Stenzel sowie das Ensemble und das Kostüm- und Maskenteam schaffen es dabei, Rollen zu kreieren, die prägnant und pointiert und dennoch nicht überspitzt sind. Die Schlangenbader sind schon richtige Originale, jeder für sich. Aber eben solche, die man auch aus dem echten Leben kennt. Und genau diese Wiedererkennbarkeit macht den Humor der Komödie aus: „Das Wunder von Schlangenbad“ kommt ohne große Übertreibung und konstruierte Gags aus. Die Dorfcharaktere in ihren Eigenheiten miteinander agieren zu lassen, bietet die beste Unterhaltung.
Die Szenerie fügt sich dabei perfekt in die Bauart des ThOPs ein. Die offene Dorfplatzkulisse, umgeben von den Zuschauerrängen, lässt das Publikum auch räumlich in die Handlung eintauchen. Wenn sich auf dem Dorfplatz alle tummeln, hat man eher das Gefühl, stiller Teil des öffentlichen Treibens als ein Zuschauer im Theater zu sein.
Diese Illusion wird auch abseits der Bühne fortgeführt. In der Pause können die Zuschauer sich mit einer Flasche Schlangenbader Heilwassers erfrischen oder in ihrem Gemeindeblatt das Neuste aus Schlangenbad erfahren.
»Das Wunder von Schlangenbad« besticht durch seine scheinbar mühelose Komik und viel Liebe zum Detail. Eine garantiert belebende Wirkung!