„Auf welches Instrument sind wir gespannt, fragt Rainer Maria Rilke in einer poetischen Widmung und welcher Geiger uns in der Hand hat. Beim Lunchkonzert im Literaturhaus ist es Nils Mönkemeyer mit seiner Bratsche. Er hat sein Publikum schon nach wenigen Tönen in der Hand und zaubert es mit dem Prélude aus Johann Sebastian Bachs G-moll Cello Suite in magische Regionen.
Bei der Courante zeigt sich der Musiker mit den magischen Talenten auch von seiner sportlichen Seite, wenn er von den höfischen Tänzen erzählt, die der französische Sonnenkönig Ludwig XIV und sein adeliges Gefolge sehr zu schätzen wussten, weil sie Bewegung in die strenge Etikette brachten: Dann springt er zur Einstimmung auf den fünften Satz mal eben auf und poltert zum Klang seiner Bratsche. Schließlich handelt es sich bei der Courante um einen beliebten Spring einen Springtanz. Natürlich ist er auch mit den Schrittfolgen für das Menuett bestens vertraut und begeistert das Publikum mit einer kleinen Demonstration.
Nils Mönkemeyer und Jochen Schäfsmeyer, der neben dem musikalischen Café George auch die Lunchkonzerte moderiert, sind ein eingespieltes Team, Der Musiker und der geschäftsführende Festspielintendant lernten sich kennen, als Schäfsmeyer noch Concerto Köln betreute. Sie bringen in ihrem Gespräch viele humorvolle Saiten zum Klingen. Dass Mönkemeyer mit seiner Bratsche die Violine als Soloinstrument Nummer Eins in ihrem Ranking auch zu überstimmen vermag, selbst wenn es nicht die Überfülle an Kompositionen für sein Instrument gibt. Er würde sich die Werke, die er spielen möchte, einfach „passend“ machen, erzählt der Musiker, so dass sein Repertoire inzwischen die Zeit vom „Mittelalter bis gestern“ umfasse. Dass er sich dafür mit den verschiedenen Hertz Stimmungen arrangieren muss, gegen die sein absolutes Gehör manchmal protestiert, steht auf einem anderen Blatt, das Mönkemeyer ebenso unterhaltsam anschaulich kommentiert. Dass sein Verstand immer wieder überreden lassen muss auf das Stimmgerät zu vertrauen, das die ideale barocke romantische oder moderne Hertz Frequenz signalisiert und dass es dann keineswegs zu Misstönen für die Bratsche kommt.
Wenn der Saitenvirtuose auf seine Klangvorstellungen angesprochen wird, dann kommt auch der Bogen ins Spiel, der für Bach und seine barocken Zeitgenossen weiterhin aus Darmsaiten besteht und nicht aus Kunststoff ummantelten Saiten. Wieder macht es Mönkemeyer seinem Publikum anschaulich leicht, sich auch mit den technischen Feinheiten des Bogenstrichs für den gewünschten Klang vertraut zu machen, wie er von Barockbögen erzählt, die anders als moderne sehr schnell anfangen zu sprechen aber dafür schneller abklingen und Metall den Schwung länger halte. Dass mit beiden die gleichen Gefühle zum Ausdruck kommen, aber eben mit verschiedenen Mitteln für den gewünschten Klang. Dann schwärmt er von einem der schönsten Sätze in Bachs Cello Suite und lässt seine Bratsche mit der Sarabande enthusiastisch ausschwärmen.
Das Brunch-Publikum darf sich mit Konstantia Gourzi von einem weiteren Gast beim Brunch Konzert überraschen lassen, überraschen lassen. Die griechische Komponistin bereichert das Festspielmotto Hellas! und auch das Stiftungskonzert am Abend in der Aula am Wilhelmsplatz mit ihren Werken. Sie hat für Nils Mönkemeyer mehrere Stücke geschrieben, in denen sie aus griechischen Musiktraditionen, zeitgenössischen Klangformen und barocken Motiven schöpft. Sie bilden für Kontania Gourzi eine gemeinsame Quelle, unabhängig von der Frage, ob Händels Werke in der griechischen Musikkultur des 18. Jahrhunderts überhaupt Spuren hinterlassen haben. Kultur sei fließend über die Jahrhunderte und die Stilepochen hinweg, betont die Komponistin und dass es für sie auch darum gehe, Traditionen wahrzunehmen und weiter zu erzählen und dass im Grunde jede Epoche in uns sei. Sie spricht von „Nachklängen, die in ihren Kompositionen auf die Klangwelt von Bach und Händel deuten, die sie gern mit der heutigen Klangwelt zusammenbinden möchte. Das gilt auch für inspirierende Quellen, aus denen sie in der bildenden Kunst mit Gemälden von Marc Chagall schöpft und sie eine Klanggalerie mit musikalischen Blicken für Viola, Solo und präpariertes Cembalo verwandelt, die ebenfalls zum Stiftungskonzert erklingt.
Das allerdings ohne Aufforderung zum Tanz, die sich Nils Mönkemeyer gern mit dem letzten Satz verbinden möchte und als Tanzlehrer für eine mutige Zuschauerin die Schrittfolgen probt. Dann tanzt die Bratsche ihr vergnügliches Menuett und beschwingt ihr Publikum zum konzertanten Lunch-finale.