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Anke Detken und Terézia Mora im Literaturhaus Göttingen | © Photo: Alina Hagen
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Literarisches Zentrum

Ein Leben in Abhängigkeit

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Lesung mit Terézia Mora »Muna oder Die Hälfte des Lebens« im Literaturhaus
von Alina Hagen, erschienen am 14. Juni 2024

Mit ihrem 2023 erschienenen Roman »Muna oder Die Hälfte des Lebens« zeichnet Terézia Mora ein berührendes und fesselndes Porträt von der Hauptfigur Muna, die ihr Leben in Abhängigkeit von Magnus führt. Über diesen Roman von der Georg-Büchner-Preis-Gewinnerin Terézia Mora ging es bei dem Gespräch mit Anke Detken.

In ihrem Roman erzählt Terézia Mora uns die „weibliche Variante“, wie es in dem Untertitel zu dem Buch heißt. Die Protagonistin Muna wächst in schwierigen Verhältnissen auf, mit einer alkohol- und tablettenabhängigen Mutter und einem schon früh verstorbenen Vater. Im Laufe ihres Lebens wird Muna von vielen verletzt, vor allem von Magnus, ihrer jahrzehntelangen Obsession, dessen Gewalthandlungen sie stets rechtfertigt. Terézia Mora betont, dass Munas Schicksal jeden treffen kann, auch Frauen aus gutsituierten Familien finden sich oft in gewaltvollen Beziehungen wieder, aus denen man sich schwer befreien kann. Und genau dieses Schicksal muss aus der weiblichen, aus Munas Perspektive erzählt werden, sagt Mora. Ein so heikles Thema kann nicht von einem außenstehenden Erzähler dargestellt werden, da dadurch Muna permanent kommentiert und auch Ironie in den Text gebracht würde, welche bei diesem Thema fehl am Platz ist.

Terézia Mora erzählt uns auch von einigen autobiographischen Elementen, die in ihr Werk eingeflossen sind. Sie hat genauso wie Muna nach dem Mauerfall in Berlin studiert und auch die Geburtsjahre stimmen überein. So könne sie besser über Muna schreiben, da sie sich mit dieser Zeit auskenne, und dies macht ihre Figur Muna auch so authentisch. Auch eigene Erlebnisse lässt Mora in den Roman einfließen, so lässt sie zum Beispiel Muna die gleiche Theateraufführung wie sie besuchen, die sie selbst und genauso Muna als ihr schlechtestes Theatererlebnis jemals empfinden.

Anschließend verrät uns Terézia Mora mehr darüber, dass „Muna oder Die Hälfte des Lebens“ der erste Teil einer Trilogie ist. Dabei werden die anderen Teile aber andere Frauen als Hauptfigur haben, Munas Geschichte sei bereits abgeschlossen. Von der Moderatorin und aus dem Publikum wird zwar deutlich, dass man gerne noch mehr über Munas weiteres Leben erfahren würde, jedoch erklärt Terézia Mora, die andere Hälfte von Munas Leben gehöre ihr selbst, nachdem die erste Hälfte ihres Lebens so stark von ihrem Abhängigkeitsverhältnis zu Magnus bestimmt war.

Terézia Mora gewährt uns daraufhin einen Einblick darin, wie sie selbst zu den Hauptfiguren in ihren Romanen steht. Sie lässt diese immer an einer guten Stelle am Ende der Geschichte zurück, anstatt ihnen ein schlechtes Ende zu geben. Auch Jahre danach verteidigt sie ihre Figuren noch und möchte immer auf der Seite von ihnen sein, so beschreibt sie ihr Verhältnis. Dies deutet auf eine tiefe Auseinandersetzung mit ihren Figuren hin, welche sich auch in dem fein ausgearbeiteten Charakter Munas zeigt.

Munas Perspektive wird in dem Roman gekonnt durch stilistische Mittel noch deutlicher und eindrucksvoller veranschaulicht. Durch Streichungen im Text erfahren wir, was Muna denkt, und sehen dann, was sie wirklich sagt. „Wir laufen ja eigentlich auch alle mit Untertiteln herum“, erklärt Mora, um dem Publikum einen Einblick in den Schreibprozess und ihre Gedanken dahinter zu gewähren. Auch Schwärzungen im Text benutzt Mora für Gedanken, die Muna sich vielleicht selbst nicht eingesteht. Gekonnt bringt Mora mit ihrem einzigartigen Schreibstil eine Tiefe in die komplexe Persönlichkeit ihrer Figur, zu der sich der Leser dadurch noch näher fühlt.

Terézia Mora liest dem Publikum herzzerreißende und ergreifende Szenen aus ihrem Buch vor, die Zuschauer applaudieren dabei ihre Schreibkunst. Obwohl es sich um ein schwieriges und tief berührendes Thema handelt, welches Terézia Mora auch sehr realitätsgetreu herüberbringt, zeigt die Autorin in der Lesung auch ihre humorvolle Seite und lockert somit die Stimmung auf, wodurch der Abend sich als sehr gelungen und unterhaltsam erwies.

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