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Bad Gandersheim

Ein Musicalhit mit stürmischen Begegnungen

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»My fair Lady« auf der Dombühne
von Tina Fibiger, erschienen am 08. Juli 2023
Miriam Schwan (Eliza Doolittle), Dominik Müller (Ensemble), Guido Kleineidam (Henry Higgins), Nadine Kühn (Ensemble), Ben Ossen (Ensemble) | © Julia Lormis,/ Gandersheimer Domfestspiele GmbH

Der Song ist wieder in aller Munde. „Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen“. Erst recht nach der gefeierten Premiere des Erfolgsmusicals »My fair Lady« auf der Dombühne, die mit einer ziemlich stürmischen Begegnung beginnt. Weit entfernt von idyllischem Gartengrün und blühenden Verhältnissen trifft ein schlichtes Blumenmädchen auf einen aufbrausenden Akademiker und lässt sich von ihm nicht nur sprachlich malträtieren. Das Publikum darf sich überraschen lassen von einer bewegenden Geschichte, die sich hinter den bekannten Songs lauert. Es grünt nicht besonders grün, wenn es um weibliche Unabhängigkeit geht, um armselige Verhältnisse und gesellschaftliche Hierarchien, die Achim Lenz mit seiner Inszenierung in ein ebenso unterhaltsamen wie nachdenklichen musikalischen Schauspiel verwandelt.

Das Frauenportrait mit dem wachsam skeptischen Blick, das den Eingang zum Kirchenportal verblendet, lässt bereits ahnen, dass ein paar Dinge im Argen liegen. Dabei geht es nur scheinbar um das „scheußliche Gebrabbel“, über das sich Guido Kleineidam als Sprachwissenschaftler Henry Higgins zwischen Blumenmädchen und Obstverkäufern im Markttrubel empört. Mit wüsten Beschimpfungen über „ekelerregende Laute“ malträtiert er auch Eliza Doolittle (Miriam Schwan), die sich von seinem akademischen Sparringspartner Oberst Pickering (Frank Bahrenberg) eigentlich nur ein paar Pennys erhofft und sich dann auf einen scheinbar vielversprechenden Handel einlässt. Higgins wird ihr sprachlichen Feinschliff und Bildung verpassen, damit sie aus dem Blumenmädchenelend herauskommt und ihm dafür als Vorführmodell für eine elegante Lady dienen.

Es kommen noch ein paar komödiantische Unruhestifter wie Alfred Doolittle (Sven Olaf Denkinger) ins Spiel, der mit dem Aufstieg seiner Tochter noch viel trinkfreudiger leben könnte. Und da Dirk Heinsberg als honorige Hausdame Mrs. Pierce mit argwöhnischem Blick und viel Ironie über das „Sprachprojekt“ des Herrn Professors wacht, kommt es immer wieder zu komödiantischen Treffern, während der sprachliche Drill für Eliza nicht immer komisch anmutet. Ein Tisch mit einem Phonografen wird auf die Bühne gerollt. Veredelte Sitzmöbel, Tee und Torte werden gereicht, während Miriam Schwan zunächst noch schaurig schön berlinert, um sich mit Kieselsteinen und Korken die Fülle abenteuerlicher Lautmalereien austreiben zu lassen. Sie duldet alle Kränkungen und Verletzungen, die ihr der akademische Poltergeist in seiner bösartigen Hochnäsigkeit zumutet. Ihren ersten veredelten Auftritt bei einem Derby und die Begegnung mit der besseren Gesellschaft von Mrs. Higgins (Ellen Kircher) absolviert sie wie eine Gliederpuppe mit Sprachmodulen, die Fredy Eynsford-Hill (Johannes Kiesler) als geduldigen Verehrer sogar entzückt, Doch erst bei einem königlichen Ball kommt es schließlich zu einem befreienden und beschwingenden Augenblick.

Nadine Kühn, Dominik Müller, Ben Ossen und Jennifer Trocher, die zuvor den Markttrubel belebt hatten und die Derbygesellschaft tanzen jetzt mit riesigen Blumen um das Paar in Walzerstimmung, das sich für den Moment verträumt. Jetzt wäre es natürlich an der Zeit für romantische Streicherklänge. Aber Ferdinand von Seebach hat sich in den Arrangements für seine Band nicht an die Operettentradition gehalten, sondern »My fair Lady« mit Bläsersätzen in vielfarbigen Kontrasten aufgefrischt. Klarinette, Posaune, Trompete und Saxofon geben an diesem Abend den Ton an, auch gern in launigen rhythmischen Akzenten mit sanftem Bläsergroove erklingt „Ich hab‘ getanzt heut‘ Nacht“ und Miriam Schwans Stimme schwärmt in den höchsten Tönen, als ob sich jetzt ein happy end für den glücklich strahlenden Oberlehrer und seine sprachpädagogisch gelungene Schöpfung andeutet. Doch der herrische Hausherr, der jetzt nach den Pantoffeln ruft, muss sich eines Besseren belehren lassen. 

Diese Eliza lässt sich auch emotional nicht mehr drangsalieren und sich wie ein Besitzstand behandeln. In der Inszenierung von Achim Lenz erfolgt ihr Schlussstrich unter männliche und weibliche Rollenmuster und Kampfzonen unmittelbar nach einem wütenden Schlagabtausch und dass auch ziemlich radikal. Auf der leeren Bühne vor dem Portrait mit dem wachsam skeptischen Blick krümmt sich eine einsame Gestalt, deren imposante, selbstherrliche Fassade jetzt in Trümmern liegt. Nach all den stürmischen Begegnungen mit den vielen komödiantischen Zwischentönen feiert das Publikum den Abend mit »My fair Lady« auch ohne Aussicht auf ein versöhnliches Schlussbild.

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Tina Fibiger

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