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Sensationelles Rocktheater im ThOP

Am Abend des 14. Juni wurde das Theater im OP Bühne für ein sensationelles Rocktheater, das seinesgleichen sucht: Der English Drama Workshop führte erstmals das englische Theaterstück »Airness« von Chesea Marcantel auf.

Die rockige Premiere unter der Regie von Karin Reilly war einfach nur ganz großes Kino. Man merkte als Zuschauerin oder Zuschauer wirklich, wieviel harte Arbeit der Cast und die Crew in dieses Stück gesteckt haben. Vom Bühnenbild, bis hin zu den großartigen Kostümen und den mitreißenden Luftgitarren-Solos wurde das Publikum phänomenal unterhalten. In »Airness« geht es um die junge Nina, fantastisch gespielt von Natalie Meyer, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, eine amerikanische Luftgitarren-Meisterschaft zu gewinnen. Auf ihrer Tour quer durch die USA trifft sie auf andere Luftgitarristen wie den nerdigen Rocker „Shreddy Eddy,“ den Napoleon des Classic-Rock „Facebender,“ die giftige „Cannibal Queen“ und den adrenalingeladenen „Golden Thunder.“ Nina freundet sich bald mit diesen schrägen, aber sympathischen Luftgitarren-Performern an, um mit ihnen zusammen den amtierenden Gewinner und Rockstar-Rivalen „D Vicious“ zu schlagen. Da »Airness« in den USA spielt, passte es sehr, dass das Stück komplett auf Englisch aufgeführt wurde. 

Die Rockoper startete mit einer grandiosen Eröffnungsszene, bei welcher jeder Rocker eine coole Pose eingenommen hat und anschließend ein eigenes einzigartiges Luftgitarren-Solo performt hat. Hier konnten bereits Zhengzhan Shang als „Golden Thunder,“ Dorian Helbig als Ed, Gabriel Robinson als „Facebender“ und „Cannibal Queen“ Pauline König so richtig die Sau rauslassen. Mit ihren großartigen Luftgitarren-Solos heizten sie dem Publikum so richtig ein, und das passend zu dem berühmten Rocksong „Cum On Feel The Noize“. Auch Philipp-Michael Schlöter als angeberischer „D Vicious“ zeigte seine Rockfähigkeiten und präsentierte den klassischen Rockstar-Stereotypen. Er flirtete mit dem Publikum und stellte wirklich das dar, was man sich unter einem frechen Rockstar vorstellt. „Es war eine große Herausforderung, einen arroganten Angeber zu spielen, den man trotzdem noch mögen soll,“ sagt D Vicious Darsteller Schlöter. Diese Herausforderung hat Schlöter mit seinem frechen Schauspiel aber mit Bravour gemeistert. 

Das Besondere an diesem Stück war, dass jeder Rocker seinen eigenen markanten Airguitar-Spielstil besaß. Jeder Darsteller hat eine einzigartige Gitarrenchoreografie einstudiert. Zusammen mit den wunderbaren Kostümen bekam jeder Charakter somit seine ganz eigene Personality. Die Darstellungen und Luftgitarren-Auftritte der Schauspieler hoben sich deshalb gut voneinander ab: Die Airguitar-Performance von Pauline König als Cannibal Queen war zum Beispiel sehr akkurat zu einem echten E-Gitarrenspiel. „Es war sehr unglaublich, aber auch sehr intensiv und heftig,“ erklärt König. Facebenders Luftgitarrenspiel ähnelte dieser akkuraten Spielweise, war allerdings eine eher übertriebenere Version, so Gitarren-Coach Hendrik Pigola. Diese übertriebene Spielweise von Facebender Darsteller Gabriel Robinson passte hervorragend zu den Classic-Rock Songs wie „More than a Feeling,“ da diese Nummern viele schnelle und überwältigende Gitarrenriffs und Powerchords besitzen. Hendrik Pigola hat als Gitarren-Coach ganze Arbeit geleistet: Pigalo brachte dem Cast wirklich bei, wie man imaginär eine E-Gitarre halten würde, wie man auf ihr spielen würde und wie fetzige Slides oder andere Rocktechniken ausgeführt werden. „Es war ein interessanter Prozess, den Darstellern das Gitarrenspiel zu lehren, obwohl keiner von ihnen vorher eine Gitarre gehalten hat,“ erzählt Pigola lächelnd. „Es war sehr spannend, spezifische Gitarrenstile und Choreografien für die ‚Competitors‘ zu entwerfen. Bei D Vicious und Golden Thunder kam es etwas mehr auf die Choreografie und die Bewegungen an, als auf das super akkurate Luftgitarrenspiel. Und Nina hat eigentlich keinen konkreten Stil, es ist eher eine Kombination aus allen Stilen, da Nina von den anderen später lernt. Und dazu kam viel Input von Natalie Meyer selbst. Ihre Performance entstand ganz natürlich.“

Es ist sehr schwer, einen Favoriten unter den „Competitors“ zu finden, da alle Darsteller auf ihre eigene einzigartige Art das Publikum beeindruckten. Für viel Energie und Action auf der Bühne sorgte aber eindeutig Zhengzhan Shang als Golden Thunder, der mit vielen ausdruckstarken Bewegungen dem Publikum imponierte. „Es hat so viel Spaß gemacht,“ sagt Shang mit Freude. „Ich habe mir nonstop Chuck Berry angehört und habe dann wie alle anderen versucht, beim Posen und Spielen gut auszusehen. Viel zu unseren Auftritten beigetragen haben aber besonders die fantastischen Outfits von unserer Kostümdesignerin Jasmine Kloos. Sie hat sich viele Gedanken über die Kostüme und das Design gemacht. Sie war praktisch wie unsere Mutter und half uns, wenn was an den Kostümen kaputt gegangen ist. Ich musste oft das Shirt ausziehen und üben, dass ich dabei mein goldenes Stirnband nicht abreiße. Auch meine hochgestylten Haare trugen viel zu meinem Golden Thunder Look bei, ich sah dann aus wie ein japanischer Rockstar aus den Neunzigern.“

Kostümdesignerin Jasmine Kloos sorgte wirklich für erstklassige Kostüme, die den Charakteren einen besonderen Touch und eine eigene Persönlichkeit verliehen. Jeder Charakter bekam seine eigene Farbe: Facebender blau, Cannibal Queen grün, Eddy schwarz und Golden Thunder natürlich gold. „Cannibal Queen sollte zum Beispiel gefährlich und giftig wirken, deshalb entschieden wir uns zuerst für giftgrün, dass später zu einem angenehmeren royal green wurde,“ erklären Kloos und Regisseurin Reilly. „Bei Shreddy Eddys Design konnten wir uns auch richtig austoben, da wir hier nerdige dunkle Rock-Hemden oder Star Wars Shirts auswählen konnten. Ein Star Wars Shirt mit der Aufschrift ‚Han shot first‘ konnten wir sogar in den Dialog einbauen.“ Dorian Helbig als Eddy beeindruckte das Publikum zudem mit seiner einfachen sympathischen Art.

Wenn mal nicht gerockt wurde, führten die Luftgitarristen viele amüsante Dialoge vor den gutaussehenden Kulissen, wie eine Bikerbar oder eine gemütliche Wohnstube mit Couch. Durch die lustigen Unterhaltungen zwischen den Darstellern auf der Couch kam sogar viel Sitcom-Feeling auf. „Ich wollte bei den Dialogen ein bisschen wie Chandler Bing aus der Stitcom »Friends« rüberkommen,“ verrät Shang dem Kulturbüro.

Bei dem Umbau der Kulissen benutzte die Crew zudem ein raffiniertes Stilmittel: Während die Darsteller bei dunkler Bühne die Requisiten bewegten, wurde im Hintergrund die eigenkomponierte Rockmusik von Gitarren-Coach Hendrik Pigola gespielt. Neben vielen Witzen und Anspielungen auf Rock- und Metal-Songs gab es aber auch viel Drama: Bei den emotionalen Szenen konnten besonders Natalie Meyers Nina und Philipp-Michael Schlöter als narzisstischer „D Vicious“ glänzen. 

Mit den fabelhaften Kostümen, den spektakulären Airguitar-Auftritten und den sehr lustigen Dialogen konnte »Airness« das Publikum auf ganzer Linie überzeugen. Der Fleiß und die Arbeit, den das gesamte Team in das Projekt gesteckt hat, konnte man in jedem kleinen Detail erkennen. Ein sehr unterhaltsames und außergewöhnliches Theaterstück, das man so nur selten zu Gesicht bekommt.

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Keanu Demuth

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