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Artikel über das Kunsthaus Göttingen

Wer ist dieser Araber von morgen

Laure Dréano-Mayer und Riad Sattour im Literaturhaus Göttingen | © Photo: Wortmann

Schon mehrfach hat der Göttinger Literaturherbst versucht, den französischen Comicautor und Filmregisseur Riad Sattouf einzuladen. Mit Erscheinen des sechsten und letzten Bandes der Reihe »Der Araber von morgen« hat es endlich geklappt. Das Literaturhaus platzte (mal wieder) aus allen Nähten, die Veranstaltung war ausverkauft.

Ihm zur Seite saß an diesem Abend Laure Dréano-Mayer, Leiterin von Antenne Métropole aus Hannover. Sie hat erst am selben Morgen die Moderation von der erkrankten Ruth Florack übernommen.

Der 1978 geborene Riad Sattouf verbrachte seine Kindheit in Algerien, Libyen und Syrien bis er 11 Jahre alt war. Neben der Arbeit an verschiedenen Albenreihen zeichnet Riad Sattouf allwöchentlich neue Folgen seiner Serie "La vie secrete des jeunes" für die französische Zeitschrift "Charlie Hebdo". Die autobiographische Graphic Novel »Der Araber von morgen« vom (als Kind) blonden Araber im Land der Diktatoren stürmte in Frankreich die Bestsellerlisten. Nach fünf erfolgreichen Bänden ist nun der sechste und letzte Band der Reihe erschienen.

In dieser Reihe beschreibt Sattouf von seiner Kindheit in Syrien, von seiner Jugend in Frankreich. Und vor allem von seinen Eltern: von seinem syrischen Vater, der später den jüngeren Bruder entführte, von seiner französischen Mutter, die alle Hebel in Bewegung setzte, um den Sohn wieder zurückzubekommen und von seiner Großmutter. 

„Wer ist dieser Araber von morgen?“, wollte Dréano-Mayer von Sattouf wissen. Sattouf antwortete ausgiebig – auf französisch, obwohl der sieben Jahre Deutsch gelernt hatte. Bevor Dréano-Mayer übersetzte, merkte sie an: „Meine Frage hat er nicht beantwortet!“ Geschickt fragte sie weiter – und ebenso geschickt wich der Autor aus. Immer wieder nutzte er seinen Humor, der auch in den Büchern immer wieder hervorkommt. „Ich habe bei meiner depressiven Mutter und Großmutter gelernt, wie ich schwierige Situationen mit Witz die Stimmung verbessern kann.“ Das machte er auch an diesem Abend im Göttinger Literaturhaus. Immer wieder gab es Lacher im Publikum, auch bevor die Übersetzung erfolgte. 

Dieser Witz in Wort und in den Zeichnungen überrascht, ist es doch eine grausame Geschichte, die Sattouf erzählt. Wie gut ihm diese Mixtur gelungen ist, machte der Schauspieler Jens Tramsen deutlich, der mehrere Passagen aus der deutschen Übersetzung las, während die Zeichnungen auf die Leinwand im Saal projiziert wurden. Wer bezweifelt hat, das man Comic vorlesen kann, wurde an diesem Abend eines Besseren belehrt. Das war einfach großartig!

Dréano-Mayer gelang es immer wieder, dem Autor kleine Geheimnisse zu entlocken. „Wie kann man mit einer solchen Tragödie leben?“ wollte sie zum Beispiel wissen. Seine Comics verstehe er auch als eine Form der Verarbeitung seiner Kindheit und Jugend. „Ich bin aufgewachsen in einer Spirale der Depression“, sagte er. „Mit Witz konnte ich diese Spirale immer wieder etwas stoppen.“ Und dann ist da noch der Vater: in den ersten fünf Bänden ist er immer präsent und Bestandteil in seinem Leben. Im sechsten Band fehlt er – und ist dennoch mit Sprechblasen immer dabei. „Mein Vater ist die innere Stimme. Immer frage ich mich: ‚Was würde der Vater jetzt sagen?‘“.

Nach fünf Bänden fragte Riad Sattouf sich, wie und wann diese Geschichte enden könnte. Und tatsächlich kam ihm eine rettende Idee, die er gleich im sechsten Band umsetzte. Welche das ist, haben er und Laure Dréano-Mayer nicht verraten. Das Buch sollte schließlich auch gekauft werden. Genau das passierte nach der Lesung noch. Riad Sattouf war lange beschäftigt, in jedes Buch, das ihm hingehalten wurde, eine kleine Zeichnung von sich selbst und eine Signatur einzutragen.

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Jens Wortmann

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