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Artikel über das Kunsthaus Göttingen

Poetisch-musikalisches Feuerwerk

Jure Tori und Aleš Šteger im Alten Rathaus Göttingen | © Photo: Dietrich Kühne

„Berauscht euch!“ forderte Charles Baudelaire in seinen poetischen „Fleurs du mal“. Es hat den Anschein, als ob sich Aleš Šteger und Jure Tori die Worte des französischen Dichters für ihr poetisch musikalisches Feuerwerk zu Herzen genommen haben. Wechselseitig berauschen sich die Gedanken- und die Klangbilder des Dichters und des Musikers zum Auftakt des Göttinger Literaturherbst im Alten Rathaus, wie sie einander leidenschaftlich enthusiastisch bestürmen und dann für Momente in leisen Schwingungen verweilen.

Der Abend war dem Gastland der Frankfurter Buchmesse gewidmet. Slowenien kann sich für die weltweit höchste Dichterdichte rühmen. Das machte auch den Göttinger Wallstein Verlag mit seiner poetischen Schatzkammer hellhörig, der neben Erzählungen, Romanen und einer Anthologie auch den jüngsten Gedichtband von Aleš Šteger »Atemprotokolle« in sein Programm aufgenommen hat. Kleine slowenische Spezialitäten hatte das Festival-Team angekündigt. Damit war natürlich das Hefegebäck gemeint, mit dem die Besucher:innen begrüßt wurden, um sie auf die berauschende Wirkung slowenischer Wort- und Klangpoesie einzustimmen und auf zwei Bühnenartisten, die sich auch als Schauspieler, Seiltänzer, Träumer und Sinnakrobaten verstehen. 

Über das Lächeln des Dichters in finsteren Zeiten sinniert der literarische Grenzgänger, und die Hände sinnieren mit, auch die Mimik und in manchen Texten der ganze Körper, während das Akkordeon einen ebenso bewegenden Aufruhr mit melodischen Skizzen, gebrochenen Akkorden und perkussiven Unruherden entfacht. Die poetischen Chiffren über das Wasser des Lebens und das Wasser der Liebe flutet Juri Torri mit Tonwellen und taucht den Engel, der sich in der Seele schmutzig macht in ein Klanggewitter.  

Der Dichter, der mit einem Lächeln in politische Verwerfungen vordringt und in die Geschichte menschlicher Zerstörungswut, wie sie zwischen Sinn- und Seinskrisen irrlichtert, Hoffnung schöpft und wieder strandet, lockt sein Publikum auch gern in die ein oder andere ironische Falle. Manchmal lächelt sogar der Kobold, der liebenswert spöttelt und das Publikum mit der Chronik seines musikalischen Gefährten vergnügt, der als Gründer einer Hard Core Rock band zum absoluten Katzenliebhaber wurde und jetzt eine wunderbar hintersinnige Widmung bekommt „Liebe ist ein kleines Kätzchen, das Wasser trinkt aus einer Schale mit Sprung“

Wo zwischen Himmel und Erde weiterhin alles schief läuft, wagt Aleš Šteger auch ein Gebet, wie es außerhalb sakraler Andachtsräume wahrnehmbar werden möchte. Mit zwei Klangsticks trommelt er sich durch den Rathaussaal, musikalisch von Jure Tori befeuert, um dann auf der Bühne einen alten Dorffriedhof zu erkunden und eine Familienvergangenheit, der sich ein Gedicht in dem Band »Atemprotokolle« widmet, und wie sie in ihm weiterlebt. Mit den rasselnden Atemzügen des Großvaters, die jetzt aus dem Akkordeon drängen.

Auch Samuel Becketts Clowns kommen zu Wort, weil Aleš Štegers Poesie ebenso gern aus absurden Verwicklungen schöpft, mit denen sich die profane Realität zumindest in der Fantasie schöpferisch aushebeln lässt. Also wird jetzt aus dem Samstagabend im Alten Rathaus nicht nur ein Montag, sondern jeder Montag und das sieben Mal die Woche. Zum Feiern und Genießen von musikalischen und poetischen Horizonten, an denen auch geswingt und getanzt wird, weil Musik und Poesie immer alles bewegen wollen, wenn sie nachdenklich sinnieren, kämpferisch aufrühren und sanft anrühren. Dann kommen auch kleine Tauben angeflogen, mitten hinein in einer Dichterleben, das sie für Momente beflügeln und vielleicht sogar ein bisschen berauschen. Für ein poetisch musikalisches Feuerwerk.

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Tina Fibiger

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