Willkommen im Kulturportal vom Kulturbüro Göttingen. 

Hier finden Sie Termine und Nachrichten aus dem Kulturleben der Region. Sie können sich einloggen oder neu registrieren, Ihr Abonnement abschließen oder verwalten, in dem Sie auf das Menü rechts klicken. (Die drei kleinen schwarzen Balken.)
Mit einem bezahlten Abonnement haben Sie Zugang zu allen Texten und Funktionen – und unterstützen die Arbeit des Kulturbüros.

Artikel über das Kunsthaus Göttingen

What´s next? – Ein Rundgang

House of Words von Jim Dine | © Photo: Prießnitz

Jim Dine ist ein Künstler der in einer Reihe mit Künstler:innen wie Andy Warhol, Roy Lichtenstein oder Kiki Kogelnik genannt werden kann. Ein Maler, der bereits Retrospektiven im Whitney Museum of American Art, im Museum of Modern Art oder auch im Metropolitan Museum of Art hatte. Dine ist nicht nur Maler, sondern Dichter und Drucker – ein Universalkünstler. Er schöpft aus einer mannigfaltigen Variation an Techniken zur Vollendung seiner Werke. Darunter sind verschiedene Druckgrafiken, wie die Lithographie, Radierungen, Gravuren oder auch Holzschnitte, aber auch Skulpturen und Fotografien. Nun stellt dieser renommierte und vielseitige Künstler und Hauptvertreter der zeitgenössischen amerikanischen Kunst zu seinem achtundachtzigsten Geburtstag auf über sechshundert Quadratmetern in Göttingen aus. Neben einer sich auf drei Etagen erstreckenden Ausstellung im Kunsthaus selbst, befinden sich sowohl im Günter Grass Archiv, in Zusammenarbeit mit dem Künstler Theseus Chan, im Literarischen Zentrum als auch im House of Paper, welches sich im Innenhof des Kunsthauses befindet, weitere Werke.

Die Teil-Ausstellung im Günter Grass-Archiv zeigt eine Rauminstallation die dem für den Künstler so wichtigen Medium Buch Raum gibt. Der zwar kleine Raum des Archives wurde durch die Installation zu einem großen begehbaren Buch, in welchem sich Gedichte von Jim Dine befinden. Dine schrieb seine Gedichte an die Wand, wie er es auch beim Dichten der Verse in seinem Atelier macht, verriet der Künstler, und Chan ergänzte die Worte und Buchstaben durch Skizzen und Malereien. Auf diese Weise entsteht unter Zusammenarbeit etwas ganz Neues und Einzigartiges. Wodurch im Grunde egal ist, welcher der beiden für den Text oder die Malerei verantwortlich war, insistiert der Kurator, Gerhard Steidl, der Ausstellung. Das Besondere an der Rauminstallation ist ihre Vergänglichkeit, denn im Anschluss an die Gesamtausstellung werden die Wände des Archivs wieder überstrichen und aus dem begehbaren Buch wird wieder ein Raum. Das Zusammenspiel der beiden Elemente, Lyrik und Kunst, bieten einen beeindruckenden, ja schon überwältigenden Anblick beim Betreten des Raumes. Eine Fülle an Worten und kleinen Bildern mit vielen, scheinbar immer noch mehr werdenden Details, die bei jedem Wimpernschlag verändert oder vermehrt scheinen. Chan und Dine ergänzen sich grandios – „Er hat mir seinen Verstand und seine Hände geliehen.“, beschreibt der Dichter und Künstler die Kooperation. 

Im Gegensatz zu der temporären Installation im Archiv befinden sich im Kunsthaus neben Skulpturen, konservierteverschiedenartige Drucke und Malereien. Nichtsdestotrotz enthält auch diese Auswahl an Werken seiner sechzigjährigen Karriere neu geschaffene und noch nie gezeigte Exponate. Schon im Erdgeschoss zeigt das Kunsthaus neu erstellte Zeichnungen und Malereien unter dem Titel „THE SECRET DRAWINGS“. Beim Betrachten der Gemälde fallen die fehlenden Rahmungen auf. Steidl war es wichtig, erklärt er, das Papier hervorzuheben und die verwendeten Materialien zu zeigen. Die meist in dunklen Farben, wie schwarz und dunkelrot, gehaltenen Zeichnungen weisen oftmals menschliche Strukturen und Andeutungen auf. Wie der Name des gezeigten Blocks verrät, eröffnen die Darstellungen lediglich Andeutungen und Bruchstücke. Nichtsdestoweniger erreicht Dine auf diese Wiese eine Breite an Perspektiven und Vorstellungen. 

Die erste Etage widmet sich den Druckgrafiken. In diesem Raum werden unter anderem die für Dine so bekannten Herzformen, Bademäntel, Werkzeuge und die Antike ausgestellt. Obwohl die Meisten seiner Drucke in der Heimatstadt Walla Walla entstehen und gedruckt werden, arbeitet er auch in Göttingen an seinen Druckgrafiken. So kann ein Druck mit dem Titel Nikolaistraße in Augenschein genommen werden, welcher in Anlehnung an seine Arbeitsaufenthalte in Göttingen entstanden ist. Des Weiteren dediziert sich der Raum den für den Drucker so wichtigen Büchern. Für Jim Dine sind die Bücher nicht nur Mittel zum Zweck, wie er verrät, sondern ein ebenso gleichwertiges Werk wie die darin gezeigten Kunstwerke selbst. Eine große Auswahl an durchdachten und teilweise humorvollen Buchcovern hängen wie die Bilder an der Wand. 

In den beiden letzten Räumen der zweiten Etage des Kunsthauses bietet sich zur Linken eine Reise zurück in die Kindheit, sowohl in die eigene als auch die des Künstlers. Nächst einer Pinocchio-Puppe hängen sowohl Drucke der Figuren des Märchens an den Wänden, als auch Konstellationen aus Wort und Grafik. Das Unheimliche und Gewaltvolle des Märchens widerspiegelt sich auch in den Drucken. Zur Rechten der zweiten Etage eröffnet sich eine Traumwelt aus Köpfen und Traumwesen. Der Raum ist ein Werk für sich und umhüllt und betont dennoch in seiner Funktion das eigentliche Kunstobjekt.  Das benutzte Traum Sujet zeigt sich im gleichen Sinne in den Köpfen als solches, der Lichtkonstellation und der Anordnung der Portraits. 

Einen weiteren Höhepunkt stellt der neu gebaute Raum im Innenhof des Hauses dar. Die hier gezeigte Kunstinstallation ist ein Geschenk von Dine an die Stadt Göttingen, welche ihm über fünfundzwanzig Jahre als Heim und Ort der Inspiration diente. Die Installation wurde von den Skulpturen aus Tanaga inspiriert. Die menschenhohen Skulpturen zeigen Tänzerinnen, die um einen ein Meter achtzig großen Kopf versammelt sind. Der Kopf – ein Selbstportrait – symbolisiert Orpheus, den größten Sänger und Dichter der griechischen Mythologie. Schon beim Eintreten in den Raum überwältigt die Größe der Figuren. Die Einbettung der Skulpturen in das Meer aus Gedichten des Künstlers erzeugt eine Harmonie, die jedoch durch den Inhalt der Gedichte aufgerissen wird. Untermalt wird die Installation durch eine Tonaufnahme des Dichters selbst, auf der er die gezeigten Gedichte rezitiert und dadurch das Raumerlebnis intensiviert. 

Bei Jim Dine trifft Kunst auf Lyrik, Druck auf Malerei und manchmal alles auf einmal. Die Ausstellung zeigt die unerschöpfliche Schaffenskraft und unvergängliche Kreativität des Künstlers meisterhaft und legt ein Ende des Kreierens Dines in weite Ferne. In diesem Sinne – Happy Birthday Jim Dine!

Keine Kommentare

Lukas Prießnitz

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.