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Literarisches Zentrum

Klimaschutz ist Demokratieschutz!

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»Freiheit und Klima«: Lesung mit Jonas Schaible
von Keanu Demuth, erschienen am 29. Februar 2024
© Manga und Photo: Keanu Demuth

In nicht allzu entfernter Zukunft: Seit drei Wochen brennt der Wald um Berlin, das Wasser muss rationiert werden, Duschen darf man nur noch alle vier Tage. Es ist der vierte Dürresommer in den vergangenen sechs Jahren. Eine mehrwöchige Hitzewelle. Mehr als 45 Grad im Schatten, Jahrtausendhitzewelle. Über Zwanzigtausend Tote. Sozialpolitik, Verteidigungspolitik, Finanzpolitik – überall herrscht Alternativlosigkeit.

„Jetzt haben wir gute Laune.“ Diese sarkastische Bemerkung machte SPIEGEL-Journalist und Politikwissenschaftler Jonas Schaible, nachdem er den Prolog seines neuen Buchs »Demokratie im Feuer« im Literaturhaus Göttingen las. In diesem Prolog beschreibt er, wie das Leben in dreißig Jahren aussehen könnte: Brennende Wälder, sanktioniertes Wasser, Stromausfälle. Schaibles Lesung »Freiheit und Klima« ist Teil der Reihe Climate Care und wurde in Kooperation mit der Stiftung Leben & Umwelt / Heinrich-Böll-Stiftung Niedersachsen veranstaltet. Jonas Schaible ist aber gewiss nicht nur ein Panikmacher. In dieser lehrreichen Veranstaltung gab er mögliche Lösungsansätze, um die Freiheit und das Klima zu gewährleisten. Ihm zur Seite stand Leon-Fabian Caspari, wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Ethnologie der Universität Göttingen, der die sozialwissenschaftliche Klimaforschung und Lehre an seinem Institut unterstützt. Zusammen stellten sich die beiden brennenden Fragen in der Klimapolitik: Kann es ein demokratisches System überhaupt schaffen, die Klimakrise abzuwenden? Oder bräuchte es eher ein autoritäres Machtwort?

Auf diese Antwort hat Jonas Schaible eine ganz klare Antwort: Nein! „Eine Ökodiktatur ist nicht die Antwort! Das ist eine Schnapsidee!“ Mit Ausschnitten aus seinem Buch machte Schaible dem Publikum klar, weshalb Klimaschutz nur mit Demokratie gelingen kann.

schaible caspari900Demokratie bedeute nicht, dass man nichts verbieten dürfe. Es stimme zwar, so Schaible, dass Demokratien oftmals langsam seien und nach Abstimmungen nicht die maximale Lösung angeboten werde, aber trotzdem sei eine Klimademokratie die beste und einzige Lösung. In der wehrhaften Demokratie sieht Schaible eine mögliche Lösung. Bei einer wehrhaften Demokratie können Grundrechte eingeschränkt werden, wenn sie zur Zerstörung der Demokratie genutzt werden. Das gibt es in Deutschland etwa beim Verbot von Parteien. In einer wehrhaften Klimademokratie könne man mit bestimmten demokratischen Mittel für schnelleren und intensiveren Klimaschutz sorgen. Und das nicht nach einem festen Muster, Voraussetzungen und Bedürfnisse der jeweiligen Bundesländer seien anpassbar.

„Ich komme eigentlich von der Demokratieseite. Ich habe Politikwissenschaften studiert in Berlin. Als ich anfing, als Journalist zu arbeiten und darüber berichtet habe, wie Union und SPD Klimatreffen führten, habe ich mich dann besonders mit dem Thema ‚Freiheit und Klima‘ beschäftigt,“ erklärt Schaible. „Den Diskussionsstand gibt es schließlich. Wenn wir über Klimademokratie reden, dann eigentlich immer als Bedrohung. Als würde Klimaschutz uns die Demokratie rauben oder einschränken. Mir ist es wichtig zu zeigen, es ist in Wahrheit andersrum. Die Klimakrise ist eine Demokratiekrise und Klimaschutz ist Demokratieschutz! Das waren die Hauptimpulse für mein Buch.“

Schaible macht deutlich, dass wir uns nicht an einen autoritären Apparat ausliefern lassen dürfen. In solchen Autokratien gehe es um Selbstbereicherung und Ökologie werde folglich vernachlässigt oder nur als Vorwand genutzt. Er zeigt auf, dass in Brasilien beispielsweise unter dem rechtsradikalen und autokratischen Diktator Jair Bolsonaro (2019 bis 2023) die Abholzung des Regenwalds stark angestiegen ist. Sein Nachfolger hingegen, der linksgerichtete neue Präsident Luiz Inacio Lula da Silva, hat versprochen, die illegale Abholzung komplett zu stoppen und es gab schon deutliche Anzeichen für einen Rückgang der Waldrodung.

Schaible und Caspari zeigen nochmals auf, dass die Unumkehrbarkeiten im Klima das größte Problem darstellten. Sobald der Amazonas Regenwald versteppt ist, könne die Politik noch so viele Reformen oder Gesetze einführen. Es ist dann einfach zu spät! Genauso wenn die Korallenriffe zerstört werden. Dann können wir nichts mehr machen, es ist dann unumkehrbar. Jeden Schritt, den wir nicht heute machen, müssen wir morgen machen. Und das betrifft nicht nur die Politik, sondern uns alle.

Jonas Schaible und Leon-Fabian Caspari machten uns nochmals deutlich, was alles auf dem Spiel steht: Unser Klima, unsere Art zu leben und unsere Freiheit. Schaible gab hierfür realistische Lösungsansätze, ohne dabei falsche Versprechen zu machen. Schaible denkt Mitbestimmung, Freiheit und Klimaschutz zusammen und gibt die wehrhafte Demokratie als eine plausible Lösung. Auf mögliche Handlungsfelder wie die Ausweitung des Wahlrechts, die Verankerung von Klimaschutz in der Verfassung und eine politische Kurskorrektur gingen die beiden verständlich ein. Abschließend lässt sich nur noch eines sagen: Wir können unsere Freiheit nur bewahren, wenn wir unser Klima retten!

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Keanu Demuth

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