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Wer bekommt die Katzenseele?

Information
von Kerstin Kratzsch, erschienen am 19. Februar 2024
Grand Hotel Grimm | © Photo: Mechthild Nienaber

Der Andrang im Foyer des Jungen Theaters ist groß an diesem Abend und offenbart, dass es viele Liebhaber des Figurentheaters gibt, die sich auf den Auftritt des Theaters Zitadelle aus Berlin freuen. Der Titel des Stücks »Grande Hotel Grimm« verspricht ein märchenhaftes Vergnügen. Und wie jedes Puppentheaterstück in eine Welt entführt, in der die gewohnten Naturgesetze außer Kraft gesetzt sind, erwarten die Zuschauer auch hier, ein ungewöhnliches Geschehen auf der Bühne verfolgen zu dürfen. Sobald sich die Türen zum Zuschauerraum öffnen, strömt das Publikum gutgelaunt in den Saal, dessen Sitzplätze bis auf den letzten besetzt sind. 

Als das Stimmengewirr abebbt, erscheint zunächst Daniel Wagner privat auf der Bühne, plaudernd. Er mache vor der Vorstellung immer eine Ansage, wobei er allerdings nie vorher wisse, was er sagen werde. Er erkundigt sich, wer die anderen Teile der Geschichte der Berliner Stadtmusikanten gesehen habe, spricht über Mutti, die hinter der Bühne warte, erklärt zuletzt einen Witz, über den er das Publikum im Folgenden zu lachen bittet. Sehr humorig ist diese nonchalante Einführung. Bevor er die Bühne verlässt, weist er darauf hin, dass das Telefongespräch, mit welchem das Spiel beginnt, ein Gespräch zwischen Gott und dem Teufel sei.

Es geht in diesem Gespräch um die Katz, die in die Jahre gekommen und nun an der Reihe ist, vom Tod aufgesucht zu werden. Gott und Teufel werden sich nicht einig, wer nun die Seele der Katze bekommen soll, so dass ein Treffen der beiden notwendig wird – und zwar dort, wo sich die Katze aufhält: im Grande Hotel Grimm.

Der Zuschauer erblickt auf der Bühne das Hotel Foyer. Die Leuchtlettern, die zur Straßenseite hin lesbar sind, stehen für die Zuschauer:innen spiegelverkehrt über dem Portal. Ein tiefroter Vorhang säumt den Eingang zum Foyer, rechts ein Fahrstuhl, links die Rezeption, stilecht mit Schlüsselbrett, Klingel und Telefon. Die Eingangshalle wirkt gediegen, aber aus der Zeit gefallen. Die im weiteren Verlauf ertönenden Chansonklänge und das Erscheinen eines Pagen in purpurner Livree verstärken diesen Eindruck. Wie das Grand Hotel sind auch dessen Betreiber nach einem abenteuerlichen Leben in die Jahre gekommen. Kuh, Wolf, Spatz und Katze haben die anfallenden Aufgaben gerecht verteilt. Die Kuh verwaltet die Rezeption, Herr Spatz die Finanzen, Herr Wolf fungiert als Sicherheitsdienst, die Katze sorgt im Spa-Bereich für das Wohlempfinden der Gäste. Mit ihnen lebt die Waise Elli, Maus oder Katze(?), Death Metal Fan im Teenageralter, die kein Interesse am harmonischen Zusammenleben der Senioren zeigt. Unlängst hat die Katze den Pagen Lars eingestellt, den sie die Geschichte des Hotels repetieren lässt. Das Publikum erfährt durch diese Schilderung den Inhalt der übrigen Teile der wechselvollen Geschichte der tierischen Kombo.

Im Hotel haben sich ein Zwerg und Hans im Glück angemeldet, Rotkäppchen hat ihr Zimmer bereits bezogen. Zusammen geben sich diese drei Gestalten als die Grimm-Gesellschaft aus und haben den Tagungsraum gebucht. Es handelt sich bei den Gästen jedoch um Gott, Teufel und Tod, die sich auf der Erde in Verkleidung bewegen. Währen der zwergenhafte Gott seine Rauschebart-Gestalt behält, kommen unter Rotkäppchens Mütze und blonden Zöpfen bei Absetzen der Perücke der kahle gehörnte Schädel des Teufels zum Vorschein, unter der Maske von Hans im Glück, der höhläugig glotzende bleiche Totenkopf des mit Lebenslichtern hantierenden Vollstreckers.

Das Spiel dreht sich nun um das Leben der Katze, die innige Verbundenheit der Liebe, durch welche die Katze gerettet wird, indem der Wolf an ihrer Stelle zu sterben bereit, im Himmel eine Vereinbarung mit Gott trifft, die beiden das Leben rettet. Angeregt ist dieser Plan durch den Text eines Death-Metal Musikstücks von Elli. Es geht um die Arglist des Teufels, der beim Spiel um das Leben der Katze  Gott betrügt und den grauschwarzen Abgrund des Todes, der ungerührt Lebenslichter auslöscht.

Am Ende wendet sich alles zum Guten und Kuh, Spatz, Katz, Wolf und sogar Elli sinnieren in herzerwärmender Einigkeit über ihr Dasein, blicken zurück und in die Zukunft und erfreuen sich an ihrer Freundschaft.

Trotz der Tragik des Themas und dem ergreifenden Todesmoment des Wolfes ist das Stück von solcher Komik geprägt, dass das Gelächter im Saal kaum einmal abebbt. Geschickte Situationskomik, der ausdrucksstarke Charme der Tiere, die in ihren Unzulänglichkeiten unglaublich liebenswert sind, Wortwitz, Gesangseinlagen und die Einbeziehung der menschlichen Spieler als Randfiguren des Geschehens verbinden sich zu einem kurzweiligen, temporeichen Stück, welches das Publikum mitzureißen vermag. Dies beweist der am Schluss aufbrandende laute und langanhaltende Applaus, vor welchem sich die wandlungsreichen und sympathischen Spieler Regina und Daniel Wagner verbeugen.

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Kerstin Kratzsch

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