In deutschen Museen befinden sich rund 17.000 menschliche Überreste aus kolonialen Kontexten. Das ist das am Freitag veröffentlichte Ergebnis einer im Auftrag von Bund, Ländern und Kommunen gestarteten Umfrage unter Museen und universitären Sammlungen. 33 Einrichtungen haben sich daran beteiligt, wie die Kulturministerkonferenz der Länder, das Auswärtige Amt, die Kulturbeauftragte der Bundesregierung und die kommunalen Spitzenverbände in Berlin mitteilten. Darunter sind acht Museen und Einrichtungen aus Niedersachsen, unter anderem auch die Ethnologische Sammlung der Georg-August-Universität sowie das Bremer Überseemuseum.
Den Angaben zufolge kann fast die Hälfte der menschlichen Überreste (46 Prozent) nicht geografisch zugeordnet werden. Von den Überresten, bei denen die Herkunft bekannt ist, stamme die Mehrheit (71 Prozent) aus 29 Ländern Afrikas und 16 Ländern Ozeaniens. In deutschen Sammlungen sind der Mitteilung zufolge Überreste aus allen Kontinenten vorhanden, auch aus Europa. Die Liste im Bericht verzeichnet unter anderem Rumänien, Estland, Teneriffa und Grönland. Möglich ist den Angaben zufolge auch, dass die Zahl noch höher liegt. Mehr als ein Drittel der übermittelten Angaben stellten einen Annäherungswert dar, hieß es.
Die von der Kontaktstelle für Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten umgesetzte Umfrage soll Anknüpfungspunkt für weitere Forschung und Rückgaben menschlicher Überreste sein. „Menschliche Gebeine aus kolonialen Kontexten gehören nicht in unsere Museen und Sammlungen“, sagte Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne). Die Außen-Staatsministerin Katja Keul (Grüne) sagte, in Gesprächen im Ausland begegne deutschen Vertretern der Wunsch nach mehr Information über den Verbleib der Vorfahren „sowie der Wunsch ganz konkret, ihre Ahnen in der Heimat beerdigen zu können“.
Der Vorsitzende der Kulturministerkonferenz, Niedersachsens Ressortchef Falko Mohrs (SPD), betonte, der Umgang mit menschlichen Überresten aus kolonialem Kontext sei in der Vergangenheit „häufig fragwürdig“ gewesen. Jetzt gebe es die Chance, „es besser zu machen“. Die kommunalen Spitzenverbände erklärten, es sei aber „noch ein langer Weg, bis möglichst viele menschliche Gebeine aus Museen und Sammlungen in die Herkunftsländer zurückgegeben werden können“.
Das gilt insbesondere für Gebeine, deren Herkunft bislang ungeklärt ist. Roth zufolge soll das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste die Einrichtungen bei der Provenienzforschung unterstützen. Dem Bericht der Kontaktstelle zufolge haben sich bereits 22 Einrichtungen mit Rückführungsanfragen befasst. Aus bislang 20 Einrichtungen gab es demnach bislang Rückgaben.
Die menschlichen Überreste lagern dem Bericht zufolge in anthropologischen, anatomischen, medizinhistorischen, ethnologischen und paläontologischen Sammlungen in 13 Bundesländern. Die meisten Einrichtungen mit Gebeinen aus kolonialen Kontexten in den Sammlungen gibt es in Niedersachsen. Darunter sind das Landesmuseum Hannover, die Ethnologische Sammlung der Georg-August-Universität Göttingen, das staatliche Naturhistorische Museum Braunschweig und das Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim.