Hell:wach heißt das jährlich an einem anderen Ort stattfindene Konzert der Freien Klassik-Szene Niedersachsens. Am 1. Juni trafen sich die Künstler:innen zu ihrem Konzert in der Alten Fechthalle in Göttingen. Eine der Besonderheiten dieses Konzertes ist die Dauer: von 16 bis 22:30 Uhr traten 15 Ensembles aus ganz Niedersachsen mit Kurzprogrammen von ungefähr 20 Minuten auf.
Das Publikum konnte zu jeder Zeit kommen und gehen – wovon durchaus Gebrauch gemacht worden ist. In den Pausen gab es eine Stärkung für alle – und die Möglichkeit, sich mit den Künstler:innen zu unterhalten. Auch davon wurde Gebrauch gemacht.
Den Auftakt machten Mitglieder des Göttinger Barockorchesters, die Arien aus der Oper »Ulysses« von Reinhard Keiser zum Besten gaben. Bevor der Göttinger Musiker Anton Säckl das Klarinettenquintett von Carl Maria von Weber begann, ergriff der Klarinettist das Mikrophon, um einen besonderen Gast zu begrüßen: der Kulturkritiker Michael Schäfer feierte genau an diesem Tag seinen 80. Geburtstag. So gab es nicht nur ein kleines Geschenk mit brennenden Kerzen von der Gastgeberin Judith Kara von der Ballettschule art la danse, sondern auch ein Ständchen von den gut gefüllten Zuschauerplätzen.
Es folgte das Ensemble amarte, sehr ungewöhnlich besetzt mit zwei Harfen, Querflöte und Viola. Die Mitglieder von BraunschweigBAROCK hatten passend zum Namen Musik aus dem 17. Jahrhundert mitgebracht. Die Musikepoche änderte sich nach der ersten Pause mit dem trio mandala und Werken von Jonas Otte (*2000), Andeas Salm und Yasuko Yamaguchi (*1969). Und auch die Solist:innen von musica assoluta hatten Neue Musik auf dem Programm. Von Thorsten Encke erklang »three pieces for flute, violoncello & piano« als Uraufführung, umrahmt von zwei Sätzen des Flötentrios op. 63 von Carl Maria von Weber.
Auch das Duo Amabile mit Paula Breland an der Klarinette und Anna-Katharina Schau am Akkordeon sowie später die Mezzosopranistin Ann Juliette Schindewolf, begleitet von Gerd Müller-Lorenz am Klavier sowie das Glen More Ensemble mit zeitgenössischem Jazz und experimentellen Klangkulissen hatten Musik aus dem 20. und 21. Jahrhundert mitgebracht.
Zwischendurch präsentierten sich Mitglieder aus dem Ensemble art la danse, die Choreographien von Judith Kara auf dem Tanzboden in der Alten Fechthalle präsentierten, auf dem sie regelmäßig üben.
Das Matinée Trio, das Ensemble NOKAT, das Ensemble Filum, la festa musicale sowie das asambura ensemble rundeten den langen Tag des hell:wach-Festivals in Göttingen ab.
Der Zuschauerzuspruch blieb bis zum Ende des Tages kontant hoch. Auch wenn einige Besucher:innen nicht das ganze Konzert verfolgt haben (so auch der Rezensent), bleibt festzuhalten: die freie Musikszene in Niedersachsen ist ungemein vielseitig und hat ein hohes Maß an Qualität zu bieten.
Das jährliche „Konzert für Niedersachsen“ mit dem schönen Titel »hell:wach« ist nicht nur ein wunderbares Konzertformat, sondern auch ein Treffen der Freien Klassik-Szene. Judith Kara bestätigt das: „Toll war die Netzwerkmöglichkeit unter den Musikern, eine wunderbare Backstagestimmung!“
Und wenn sogar der Geburtstag von Michael Schäfer im Konzert gefeiert werden konnte, zeigt das, wie lebendig und hellwach die Musikszene in Niedersachsen ist. Hellwach mit 80 – das ist doch was!