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Chaos mit Lügen, Untreue – und zwei Telefonen

Tom Röber als "William Featherstone“ und Wiebke Schäfer als "Teresa Phillips“ | © Photo: Dirk Opitz

Der English Drama Workshop, eine etablierte Institution in Göttingen und sehr beliebt bei Liebhaber:innenn von Theaterstücken in englischer Sprache, entführt das Publikum in diesem klirrend kalten Januar in eine farbenfrohe, skurrile und aberwitzige Welt menschlicher Irrungen und Wirrungen, den Unwägbarkeiten und Hindernissen menschlicher Paarbeziehungen.

Das Stück »How the Other Half Loves« von Alan Ayckbourn, einem der produktivsten und renommiertesten Theaterautoren Englands, aus dem Jahr 1969 hat dabei wenig von seiner Aktualität verloren, da er sein Augenmerk stets auf das allzu menschliche richtet und wir auch heute noch, lieben und betrügen, streiten und vertrauen, verlassen und versöhnen und voneinander nicht lassen können. Andrew Knight hat die Komödie mit viel Raffinesse und einem großartigen Ensemble inszeniert.

Die Bühne zeigt zu Beginn des Stückes, ganz im Sinne des Autors, zwei Wohnzimmer in einem. Dies gelingt durch eine diagonale Spiegelung der Räume, indem sich die Tapete hinten rechts vorne links wiederfindet und umgekehrt. Eine stilechte braun gelb gemusterte 70er Jahre Tapete auf der einen, dezente grüne Streifen auf weißem Untergrund auf der anderen Seite. Zwei Sideboards mit Drehscheibentelefonen rechts und links in der Bühnenmitte. An den Bühnenenden jeweils ein Esstisch, eingerahmt von insgesamt vier Türen aus denen im Folgenden im fliegenden Wechsel die Protagonist:innen erscheinen oder in welchen sie verschwinden. Schon dieses Bühnenbild gibt Hinweise auf die Unterschiede der in diesen Wohnzimmern lebenden und interagierenden Personen

Im gediegenen grün-weiß gestreiften Wohnzimmer leben Frank Foster (René Anders) und seine Frau Fiona (Karin Reilly). Frank, quirlig-verquerer, jovial wirkender Firmenchef und seine Frau Fiona, ihren Pflichten treu, aber eher teilnahmslos führen eine Partnerschaft, die trotz liebevoller Aspekte auch von höflicher Distanz geprägt ist. Die Beziehung des Ehepaar Phillips hingegen ist gekennzeichnet durch lautstark ausgetragene Konflikte. Teresa Williams (Wiebke Schäfer) wirkt angespannt und überlastet durch die Doppelbelastung einer von Desinteresse und Konflikten geprägten Partnerschaft und der Versorgung eines sich ständig mit allem greifbaren verschmierenden Babys. Von ihrem Mann, Bob Phillips (Andreas Hey), fühlt sie sich vernachlässigt und alleingelassen. Bob Phillips selbst wirkt lieblos und macht einen eher schlampigen, übellaunig übernächtigten Eindruck. 

Es wird offensichtlich, dass der Zauber aus beiden Beziehungen längst verflogen ist und die Fosters eingespielte Verhaltensweisen reproduzieren, während die Phillips sich in lieblosen Konflikten voneinander entfernen. Und es liegt nahe, sich aus der unbefriedigenden Beziehung in eine spannungsvolle Affäre zu flüchten, zumindest, so erfährt der Zuschauer, für Fiona Foster und Bob Phillips. Frau Foster hat den Hochzeitstag mit ihrem Mann vergessen und ist wie auch Bob Phillips in der letzten Nacht erst gegen halb zwei nach Hause gekommen.

Das Auftauchen des Ehepaares Mary (Lisa Tyroller) und William Featherstone (Tim Röber), die den Betrügern als Alibi dienen sollten, setzt eine Kaskade von unvorhergesehenen Ereignissen in Gang. So entwickelt sich ein grandioses Chaos mit Lügen, Untreue – und zwei Telefonen. Drei skurrile Paare verstricken sich in alle möglichen und unmöglichen Verwickelungen, die sich erst gegen Ende wieder auflösen. 

Das temporeiche Stück ist so unterhaltsam und kurzweilig, dass die über zwei Stunden wie im Fluge vergehen. Die Komödie ist ein ständiger Angriff auf die Lachmuskeln. Die Dialoge sind durchzogen von Sprachwitz, und die Komik liegt in den Missverständnissen, da bis zum Schluss keiner der Beteiligten die gesamte Lage überblickt. Die schauspielerische Leistung aller Akteure ist bemerkenswert, so dass die unterschiedlichen Charaktere in ihren Eigenarten sehr überzeugend wirken und eine große Bandbreite an menschlichen Eigenschaften und Typen erkennbar werden. Andrew Knight hat durch die gespiegelte Doppelbühne mit seinem Ensemble eine irrwitzige Komödie geschaffen, die unbedingt sehenswert ist. 

Die Premiere von Ayckbourns Komödie »How the Other Half Loves« war am 10. Januar. Das Stück steht noch bis zum 27. Januar 2024 auf dem Spielplan des Theater im OP.

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Kerstin Kratzsch

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