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„Heute sind wir nicht still.“

Florian Illies und Moderatorin Klara von Lindern © Jasmin D'Amico

Googelt man die Epoche der Romantik, so stößt man direkt auf die Gemälde Caspar David Friedrichs. „Der Wanderer über dem Nebelmeer“ ist wohl eines der bekanntesten Werke des Künstlers und drückt die Stimmung der Romantik wie kein anderes aus. Sehnsucht, der Rückzug in die Natur und die Besinnung auf die eigenen Gefühle sind Merkmale jener Epoche, die auch Florian Illies versucht, in seinem neuen Roman „Zauber der Stille – Caspar David Friedrichs Reise durch die Zeiten“ zu vermitteln.

Zum Finaltag des überaus beliebten Göttinger Literaturherbstes am 5. November gab es gleich mehrere Veranstaltungen. Eröffnen durfte ihn indes um 11:15 Uhr Florian Illies mit seiner Vorstellung seines neuen Buches im Deutschen Theater in Göttingen. In dem eindrucksvollen Spielsaal füllten sich die Reihen fast bis auf den letzten Platz und ergaben ein breitgefächertes Publikum, das gespannt auf den Auftritt des Autors wartete.

Die Veranstaltung begann mit einer Einleitung von Gesa Husemann, die auch eine der Leiterinnen des Literarischen Zentrums Göttingen ist und den Literaturherbst mitorganisierte. Schließlich kam es zur Vorstellung des Autors durch Klara von Lindern. Die studierte Kunsthistorikerin moderierte die Lesung und unterstützte Illies mit interessanten Fragen dabei, sein Buch in Szene zu setzen.

Florian Illies ist neben seiner Tätigkeit als Autor auch Kunsthistoriker, Journalist, Kunsthändler und Kurator, sodass sich schnell von selbst erklärt, aus welchem Grund er dieses Thema gewählt hat. Allenfalls könnte man sich die Frage stellen, wieso er gerade den romantischen Künstler Caspar David Friedrich ausgewählt hat, der bald sein 250-jähriges Jubiläum feiern darf. 

Direkt zu Beginn des Vortrages wird klar, dass es ein sehr heiterer Sonntagvormittag werden wird, da Florian Illies mit seiner Eloquenz und seiner humorvollen Art die Zuschauer:innen zum Lachen bringt. Er berichtet über seine lange Trotzphase gegenüber Caspar David Friedrich und seinen Versuch ihn nicht – wie jeder andere – zu lieben. Dies änderte sich jedoch unumgänglich mit der Zeit, sodass er ein Buch schreiben wollte, das jene Gefühle widerspiegelt, die auftreten, wenn man eines der Gemälde Friedrichs betrachtet. Diese würden nämlich direkt ins Herz gehen und die Seele bezaubern – positiv und negativ.  Man merkte direkt, dass der studierte Kunsthistoriker seinem Buch viel Recherche zugrunde gelegt hat und einige Informationen vermitteln kann, die die zahllosen Bücher über Friedrich bisher nicht abgebildet haben. So erzählt der Autor humorvoll über die vielen Briefe Caspar David Friedrichs, in denen er besonders gern auf seine Passion der Kanarienvogelzucht eingeht, etwa die Frage, wie man die Käfige der Vögel am besten säubern könne. „Ein komischer Kauz“  – so nennt Illies den Künstler, denn eines ist klar: als Heiligen sollte man ihn auch nicht verehren.

Die erst gewählte Passage, die Florian Illies vorliest, stammt direkt vom Anfang des Buches und schickt die Zuhörenden ins 19. Jahrhundert. Eine Besonderheit seines Buches  stellt die Tatsache dar, dass der Autor zum Teil aus Sicht Friedrichs schreibt und die Gefühle so auf eine ganz andere Weise vermitteln kann als jede historische Berichterstattung über den Künstler. Das Publikum hörte gespannt zu, angesteckt von der Ruhe des Autors. Dieser hat eine angenehme Erzählstimme und kann seine Texte betont vermitteln. Er überzeugte mit einem fast lyrischen Schreibstil, indem der Humor jedoch nicht zu kurz kommt.

Zwischen den Passagen gibt es immer wieder Informationen über den Künstler und über die Zeit, in der er gelebt hat. So erklärt Illies, dass Friedrich selbst äußerte, dass seine Kunst für ihn selbst ein Rätsel sei. Auch versuchte er lange, Goethes Gunst zu erlangen, der jedoch nie Begeisterung für seine Werke empfand. Seine Bilder rufen immer wieder widersprüchliche Gefühle hervor, so konnte der Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen nach dem Tod seiner Mutter in dem Bild „Mönch am Meer“ Trost finden. Andere dagegen stürzte es in Untröstlichkeit. Illies erklärt, sein Buch solle diese Wucht und Besonderheit Caspar David Friedrichs verdeutlichen und vermitteln.

Schließlich geht es noch darum, wie der Künstler in Vergessenheit geriet – und um seine Wiederentdeckung im 20. Jahrhundert und um seine Wiederentdeckung, besonders zur Zeit des Nationalsozialismus. Die politische Rezeptionsgeschichte wird dabei kritisch behandelt und findet auch in Florian Illies Buch einen wichtigen Stellenwert, wie er in einer seiner vorgelesenen Ausschnitte veranschaulichen kann. 

Im Verlauf der Lesung wird immer wieder klar, wie wenig der von Illies zu Beginn erwähnte Trotz funktioniert. Seine Leidenschaft für Friedrich ist deutlich zu spüren und spiegelt sich auch in der Qualität seiner Textstellen wieder. Das Publikum ist während der eineinhalb Stunden völlig gebannt von der Erzählweise des Autors und der Art und Weise, wie er über das ihn begeisternde Thema spricht. Fast schon tritt Wehmut auf, als Klara von Lindern das nahende Ende der Lesung ankündigt. Wohlverdienter Applaus ertönt im Saal des Deutschen Theaters, als Florien Illies seinen Vortrag beschließt.

Eine Lesung, die im Gedächtnis bleiben wird und für viel Gelächter sorgte. Die der Kunst Caspar David Friedrich alle Ehre machte und seine Facetten durch Florian Illies auf eine charmante und humoristische Art offenbarte. Und eine Lesung, die die Lust im Publikum weckte, das Buch zu lesen. Dies ist auch darum kaum abzustreiten, da der gut bestückte Stand, der die Bücher verkaufte, nach kurzer Zeit ausverkauft war.

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Jasmin D'Amico

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