Was für Geschehnisse es geben mag in einem Leben, zwischen der Geburt eines Säuglings, dem Tod in hohem Alter, wie Leben und Tod sich gestalten als Reise, diesen Themen widmen sich Marc Schnittger und Arne Bustorff in einem szenischen Episodenprogramm unter dem Titel »Life Stories: Liebe, Tod und Taxifahren«, dass am Samstagabend im Rahmen der diesjährigen Figurentheatertage im Alten Rathaus zu sehen war.
Dem Zuschauer begegnen in diesem Programm die unterschiedlichsten Charaktere, eingebunden in ihre ganz eigene Lebenswirklichkeit, bewegt von Liebe, Sex und Laster, großen Ambitionen, aber auch Versagensängsten, Zweifeln, Melancholie. Die kleinen Geschichten weben sich mühelos ineinander und sind zugleich berührend und erheiternd. Das Spiel der liebevoll gestalteten Fingerpuppen ist von einer überraschenden Anmut und variationsreichster Abwechslung, Texte und Situationen geprägt von der Leichtigkeit einer Komik, die sich zu keiner Zeit verliert und melancholischen Momenten stärkere Geltung verleiht. Als Protagonisten erlebt das Publikum als überschaubares Ensemble, ein Liebespaar, das sich erst zu Ende wirklich findet, einen Pornofilmproduzenten, einen lüsternen Pastor, der sich an der Beichte einer jungen Frau ergötzt, ein weiser, jesusgleicher Penner und der Tod, asthmatisch und voller Mitgefühl, mit seinem Berufsstand hadernd. Zuletzt erscheint wiederholt ein Taxifahrer, in dessen Taxi ausnahmslos alle Figuren wenigstens einmal steigen und der so allwissend durch den Szenenreigen gleitet. In ihrer Lebenswelt aus realitätsgetreuen Miniaturkopien tanzen und trauern, reisen und lieben die kleinen Figuren und philosophieren über Gott, die Welt und das Leben. Wie zu Anfang ein Säugling geboren wird und auf die im Kosmos schwebende Welt zutreibt, stirbt zu Ende eine alte Frau und wird vom Tod weg von der Weltkugel in den Kosmos geführt. Gleichzeitig gebiert die Braut des Liebespaares ein Kind . So schließt sich der Kreis des Lebens an dem das unter der Regie von Martin Maria Blau entstanden Stück die Zuschauer:innen teilhaben lässt.
Die Leichtigkeit und Heiterkeit der Szenen, die stimmungsvolle musikalische Gestaltung geprägt von Jazzklängen, heiter fetzig, melancholisch, dem Blues näher mit Anklängen populärer Musikstücke wie z.B. „As time goes by“ (Dooley Wilson) oder „My sweet Lord“ (George Harrison) transportiert ungemein viel Stimmung und Gefühl. Das Publikum im vollbesetzten Rathaussaal ist dementsprechend aufmerksam und ausgelassen, so komisch und anrührend ist dieses Figurenspiel. Die Zuschauer honorieren die gelungene Vorstellung mit soviel langanhaltendem Applaus, dass die beiden Puppenspieler eine ausgiebige Zugabe zeigen, im Sinne eines „Outtakes“, wie Marc Schnittger erklärt, eine Szene, die in der letzten Schnittfassung eines Filmes nicht auftaucht. Dies Zugabe ist nun von so ungeheurer Komik, dass das Gelächter des Publikums nicht mehr abebbt.
Ein sich betrinkender Hund als „verständiger“ Schauspieler“ berauscht sich am Fusel des schlafenden Penners und gerät bei jedem Dreh der Szene immer mehr außer Rand und Band. Das ist tatsächlich so lustig, dass das Publikum den Rathaussaal nach erneutem Applaus lachend verlässt.