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Reformierte Kirche Göttingen

Eine spirituelle musikalische Reise

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Die Hallel-Psalmen: Musik von Jean Goldenbaum
von Keanu Demuth, erschienen am 14. Januar 2025

„Ich möchte eine Brücke schlagen zwischen dem Traditionellen und dem Neuen.“ Die Hallel-Psalmen (Ps. 113-118) sind ein wichtiger Bestandteil der jüdischen Liturgie. Sie sind auch als Lobpsalmen bekannt und werden an jüdischen Feiertagen rezitiert. Jean Goldenbaum, Komponist und Musikwissenschaftler, hat die Psalmen 113 bis 118 vertont und in ein neues Gewand gehüllt. Die Verse wurden dennoch authentisch auf hebräisch vorgetragen. In Kooperation mit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Göttingen wurde Goldenbaums Vertonung der Hallel-Psalmen am 11. Januar in der Reformierten Kirche aufgeführt. Goldenbaum hat drei israelische Musiker:innen gefunden, die seine Kompositionen besonders facettenreich machten: Shira Cohen (Sopran), Tal Koch (Tenor) und Guy Woodcock (Gitarre).

Jean Goldenbaum PhotoSopranistin Shira Cohen kommt aus dem Opernbereich und hat unter anderem Donna Anna in Don Giovanni (Mozart) gespielt. Tal Koch ist jüdischer Kantor mit deutsch-jemenitischen Wurzeln. Und Guy Woodcock besticht besonders mit seinem Gitarrenspiel im Barockstil. Somit waren die Hallel-Psalmen in der Version von Jean Goldenbaum eine einzigartige Mischung aus gefühlvollen Arien, jemenitischem Synagogengesang, deutschem Barock und hebräischen Liedern.

Vor allem der Einsatz von Guy Woodcocks Gitarre erzeugte zunächst einen eher befremdlichen Eindruck, der auf magische Weise auch wieder sehr vertraut wirkte. Einerseits bringt sein Gitarrenspiel etwas „Erfrischendes“ und „Neues“ mit sich. Schließlich sind wir eher daran gewöhnt beim Gottesdienst imposante Orgelmusik zu hören anstatt elegantes Saitenzupfen und Streichen der Gitarre. Andererseits ist diese Instrumentation auch im Einklang mit religiösen Praktiken, wie Jean Goldenbaum erklärt. „Die Gitarre war auch zu biblischen Zeiten ein Instrument, um religiöse Stücke aufzuführen. Deshalb habe ich dieses Stück speziell für die Gitarre geschrieben.“ Damit schlägt Goldenbaum auf subtile Weise die Brücke zwischen Tradition und Moderne. Woodcock stellte seine feinfühligen Fingerfertigkeiten unter Beweis beim Spielen des Flageolettons, bei dem er die Saiten in Schwingung versetzte, indem er die Saiten nur leicht berührte.

„Außerdem war es in der Vergangenheit so, dass religiöse Lieder oder Psalmen meist nur von Männern gesungen wurden. Deshalb wollte ich in meiner Vertonung eine weibliche und eine männliche Stimme haben,“ verrät der Komponist. Eine weise Wahl, denn besonders Shira Cohen erstaunte das Publikum mit ihrem gewaltigen Stimmvolumen und –umfang. Eindrucksvoll demonstrierte sie ihre Koloratur-Fähigkeit und die Beweglichkeit ihrer kräftigen Stimme, zum Beispiel bei langgezogenen Tönen und Vibrato-Einlagen. Dank ihrer mächtigen und agilen Sopranstimme, die sie mühelos artikulierte, kam richtiges Opern- und Arien-Feeling auf! Aber auch Tal Koch überzeugte mit seiner durchdringenden Stimme. Zusammen gaben Cohen und Koch ein wunderbares Duo ab, die unter anderem bei Unisono-Abschnitten glänzten. Imitationen, beziehungsweise das abwechselnde Rezitieren der Psalm-Verse auf hebräisch, war ein weiteres Fest für die Ohren. Damit war es ein außergewöhnliches Klangerlebnis, Arien-hafte Kompositionen auf hebräisch zu hören.

Damit die Besucher:innen den hebräischen Gesang auch verstehen konnten, wurde vor jeder Psalm-Vertonung die deutsche Übersetzung von Martin Luther vorgetragen. Die Psalm-Übersetzungen wurden vorgelesen von Michael Ebener, Pastor in der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Göttingen, Esther Heling-Hitzemann, Vorsitzende der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Göttingen e.V. und Dr. phil. Myriam-Sonja Hantke. Somit entstand ein offener Dialog zwischen der jüdischen Seite und der christlichen beziehungsweise evangelisch-reformierten. „Diejenigen, die mich kennen, wissen, dass ich meine Musik im Namen positiver Werte wie Demokratie, Toleranz, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte einsetze,“ erzählt Jean Goldenbaum der Kirchengemeinde. Auch in den Hallel-Psalm selbst werden diese Werte thematisiert wie in Psalm 114, Freiheit von Unterdrückung.

„Ich will die Zuhörer:innen mit meiner Musik nicht nur unterhalten, sondern sie auf einer spirituellen und intellektuellen Ebene erreichen,“ so Goldenbaum zum Kulturbüro. Dieses Unterfangen ist ihm mehr als geglückt. Dank der etwas außergewöhnlichen Gitarrenuntermalung, der kräftigen Sopran- und Tenorstimme und dem Klang der hebräischen Verse wirkten die Hallel-Psalm wie eine bewusstseinserweiternde musikalische Erfahrung. Wahrlich eine spirituelle musikalische Reise! Halleluja!

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