Göttingen liebt sein Symphonieorchester. Eine Tatsache die vor allem durch ausverkaufte Reihen der Konzerte nicht zu leugnen ist. Fünf Mal in Folge waren die Konzerte des Göttinger Symphonieorchesters (GSO) in der neuen Stadthalle Göttingens – die im Januar offizielle Eröffnung feierte – ausverkauft. Auch am Abend des 16. Februars erfreute sich das Konzert unter dem Motto »Bella Italia« großer Beliebtheit. Schon von außen waren die gefüllten Hallen zu erkennen, in denen die vielen Besucher:innen jeglicher Altersgruppen sich schon bei einem Glas Sekt oder Ähnlichem für das kommende Konzert einstimmen konnten.
Das Programm versprach eine musikalische Reise nach Italien, die von viel Gefühl und klanglicher Vielfalt geprägt werden sollte, was auch durch die Einleitung von Nicholas Milton, dem Chefdirigenten des GSO, unterstrichen wurde.
Hohe Erwartungen wurden gestellt, die jedoch schon durch das erste Stück des Abends erfüllt werden konnten. Namentlich war dieses die »Pulcinella-Suite« von Igor Strawinsky. Eine kreative Entstehungsgeschichte charakterisiert dieses Stück, in dem Pulcinella, eine Figur des süditalienischen und neapolitanischen Volkstheater aufgegriffen und in etwas Unverwechselbares im Neoklassizistischem Stil verwandelt wurde. Das Stück entführte die Zuhörer:innen in die farbenfrohe Welt der italienischen Commedia dell'arte in dem jedes Instrument seine verdiente Würdigung erhalten konnte. Während die Ouvertüre des Stückes lebhaft in einem Dialog von Streichern und Holzbläsern das Thema vorstellte, wechselte die Stimmung in der Serenata in der vor allem die Oboe, untermalt von Flöten und Streichern, die Melodie trug. Ein Highlight des Stückes stellte die Gavotta con due variazioni dar, in der vor allem die Holzbläser und Blechbläser ihre Virtuosität beweisen konnten. Eine große Ausdauer wurde abverlangt, um die komplexen tänzerischen Elemente gebührend zu phrasieren. Im nachfolgenden Vivo konnten die Besucher:innen auf die noch auftretende Solo-Posaune eingestimmt werden. Die Posaune übernahm in diesem Teil des Stückes, vor allem durch das Zusammenspiel mit den tiefen Streichern, einen humorvollen und spielerischen Part der durch große Heiterkeit im Publikum - ausgedrückt durch fröhliches Gelächter - Anklang fand. Etliche Bravi Zusprüche und großer Applaus waren nach dem Abschluss des Stückes zu hören, die die Messlatte, für die zu erwartenden Kompositionen, des Abends hoch ansetzten.
Auch wenn der Name des nächsten großen Künstlers deutlich unbekannter ist, so sind doch seine Kompositionen weltweit bekannt und vor allem in vielen Filmen des 20 Jahrhunderts wiederzuerkennen. Der Italiener Nino Rota komponierte nicht nur für den Film »Der Pate«, sondern schrieb unter anderem auch ein Konzert für Posaune und Orchester, welches das GSO zusammen mit dem Gast-Solisten Kris Garfitt präsentierte. Eingestiegen mit dem Orchester im Allegro giusto trat die Posaune sehr schnell in den Vordergrund und leitete das sehnsuchtsvoll, schwere Thema des Stückes ein. Der nächste Satz hob sich besonders durch die langen Töne der Posaune ab, die von zupfenden Streichern untermalt wurden. Kris Garfitt, der auch einer der ersten Preisträger des Internationalen ARD-Musikwettbewerbs ist, meisterte die subtile Nuancierung mit viel Gefühl und Sensibilität und konnte der Komposition dadurch die durch das Thema versprochene Tiefe geben. Seine erhebliche Ausdauer im Spiel der Posaune konnte im dritten Satz zu einem energischen Dialog mit dem Orchester führen, der diese Energie durch die expressionistische Dirigierweise von Nicholas Milton erhalten konnte und das Publikum in dem Maß begeisterte, dass eine Zugabe nicht wegzudenken war. Diese schickte die Besucher:innen durch schwungvolle und moderne Klänge – die großen Applaus ernteten – beschwingt in die Pause.
Das nächste Werk läutete - mit einer leicht veränderter Orchesterbesetzung - mit Trompetenklängen ein, die anschließend durch die hohen Streicher in eine Melodie des Hauptthemas gewandelt wurden. Pjotr Tschaikowskys »Capricco Italien op. 45« ist ein mitreißendes und farbenfrohes Werk, das die bunten Töne und lebhafte Atmosphäre seiner Reise nach Italien einfängt. Es wechseln sich feierliche Marschthemen, lyrische Melodien und heitere Tanzrhythmen ab, die vor allem durch die kräftigen Klänge der Blechbläser erzeugt werden konnten und durch die Präzision der Perkussion perfektioniert wurden. Eine wahre Vielfalt an Klängen wurde hier kreiert, die den Instrumenten Raum gab, sich zu entfalten und auf eine Reise nach Italien einluden.
Unter die Pinienbäume Roms sollte diese Reise durch das abschließende Stück gehen. Ottorino Respighis »Pini di Roma« ist eine symphonische Dichtung für Orchester, komponiert im Jahr 1924. Sie besteht aus vier Sätzen die jeweils unterschiedliche Situationen abbilden und Stimmungen erzeugen sollen. Im ersten Satz wurde eine fröhliche Stimmung vermittelt. Besonders hervorzuheben ist hier die spielerische Harmonie zwischen Holzbläsern und Blechbläsern, die durch das Auftreten der Triangel abgerundet wurde. Ein drastischer Stimmungswechsel wurde durch die tiefen Streicher im zweiten Satz erzeugt. Untermalt wurde die düstere Wirkung durch das Einsetzen der Holzbläser insbesondere der Oboe und des Fagotts. Im dritten Satz nahm uns Ottorino Respighis auf eine klangliche Reise in die malerischen Landschaften Italiens mit, die besonders durch das Spiel des Klaviers, der Klarinette und der Harfe ein geistiges Bild erzeugen konnte. Zuletzt wurden durch majestätische Fanfaren der Blechbläser und einem punktierten Einsatz des Beckens heroische Melodien aufgebaut, die die Komposition zu einem feierlichen Abschluss führten und das Publikum in große Begeisterung versetzen konnte.
Langanhaltende Beifallsbekundungen sowie stehende Ovationen signalisiertem dem Orchester und daneben auch dem Chefdirigenten die verdiente Wertschätzung und die Freude über solch ein Konzert, das allein durch Klänge vermochte in ein Land zu entführen, in welchem die Zitronen blühen.