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Bild von Bertold Vogel und Julia Friedrichs im Literaturhaus Göttingen
Bertold Vogel und Julia Friedrichs im Literaturhaus Göttingen | © Photo: Miriam Bode
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Literarisches Zentrum

Die Parallelwelt der Superreichen 

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Julia Friedrichs zu Gast mit ihrem Buch »Crazy Rich – Die geheime Welt der Superreichen«
von Miriam Bode, erschienen am 02. Mai 2025

Vor gut zwei Wochen löste der Weltraumflug reicher Frauen, mit unter anderem der Sängerin Katy Perry, große Diskussionen aus. In diesen ging es viel um die Frage, wie gerecht es ist, dass einige wenige mit ihrem Geld beinahe alles tun können, während viele andere kaum etwas haben. Solche Fragen stellt sich Julia Friedrichs auch in ihrer Reportage »Crazy Rich – Die geheime Welt der Superreichen«. Vor allem fragt sie ihre Gesprächspartner genau das. Es ist ihr nämlich gelungen, mit etlichen Superreichen ins Gespräch zu kommen, von denen sie im Literaturhaus erzählt.  

Es ist eine andere Welt, über die Julia Friedrichs sich mit Berthold Vogel, Direktor des Soziologischen Forschungsinstituts Göttingen, am Abend unterhält. Sie erzählt von Reichen, die sich ganze Sportmannschaften kaufen, die überrascht sind, wenn sie auf ihr Konto sehen, weil sich der Kontostand schon wieder verdoppelt hat und die sich Geld nicht als endlich vorstellen können. Diese bizarre Parallelwelt scheint bei solchen Geschichten den meisten im Publikum unvorstellbar. 

So absurd diese Geschichten erstmal wirken, sie entsprechen der Realität und sind Friedrichs intensiver Recherche zu verdanken. Sie erzählt auch von der damit verbundenen Frustration. Sie habe viele persönliche Briefe geschickt, die meisten seien nie beantwortet worden. Die Superreichen scheinen nicht gern über ihren Reichtum zu sprechen. Dann wiederum habe Friedrichs einen Anruf bekommen, während sie mit ihren Kindern beim Abendessen saß. Am Telefon war ein Milliardär, der sich gern mit ihr unterhalten würde.

Friedrichs hat eine angenehm bodenständige Art, sie lacht, sie wirkt sympathisch. Es ist schwer vorzustellen, dass sie so wie sie am Abend mit dem Publikum spricht, die letzten Jahre auch mit Menschen gesprochen hat, die mehr Geld besitzen, als ganze Generationen ausgeben könnten. Dabei legt Friedrichs Wert darauf, was sie meint, wenn sie von Reichtum spricht. Ihr geht es nicht um ein hohes Einkommen, sondern um ein hohes Vermögen. Und sie meint nicht wohlhabend. Sie meint superreich, crazy rich. 

In dem Gespräch wird deutlich, dass es nicht das Stereotyp des einen Reichen gibt. Es gibt Menschen wie etwa Hans-Peter Wild, den Gründer der Capri-Sonne. Friedrichs beschreibt seine Überzeugung, alles um sich herum kontrollieren zu können und Macht über andere Leute zu haben. Und so überspitzt es auch scheint, liegt Wild mit der Einstellung nicht ganz falsch. Geld verleiht Macht – auch über andere Menschen. Und dann gibt es wiederum andere wie einen Superreichen, den Friedrichs in ihrer Reportage Sebastian nennt. Er hinterfragt seinen Reichtum, ist sich der Verantwortung dieses Geldes bewusst und wirkt wie ein Mann, mit dem man Gespräche auf Augenhöhe führen kann. 

Vogel und Friedrichs kritisieren in dem Gespräch beide den Mangel an Daten und Informationen, über superreiche Menschen. Die fehlenden Daten tragen dazu bei, dass jeder von etwas anderem redet, wenn von Reichtum die Rede ist. Sie tragen auch dazu bei, dass Superreiche isoliert und schwer erreichbar sind, man müsse sie überhaupt erst finden. Friedrichs macht deutlich, dass der Staat hier seine Aufgaben vernachlässige. Während es über arme Menschenzahlreiche Daten und Studien gebe, gebe es über die wirklich Reichen kaum etwas. 

Dass Friedrichs mit so vielen Menschen ins Gespräch kommen konnte, dürfte an ihrer Einstellung liegen. Sie fordert eine offene Debatte, bei der nicht zu Beginn die Lager feststehen. Viele der Superreichen, mit denen sie gesprochen habe, fanden ihre Reportage fair und gerecht und wären auch bereit für Gespräche über ein anderes Steuersystem, sagt Friedrichs. Dabei betont sie, dass das Hauptproblem die bewussten Lücken im System seien, die dafür sorgten, dass Reiche kaum Steuern zahlen und dass sich ihr Geld stetig weiter vermehrt. Auch da seien einige ihrer Gesprächspartner ihrer Meinung. Das extrem komplizierte Steuersystem in Deutschland sollte vereinfacht werden, findet sie. Die große Leerstelle in der Politik sollte verbessert werden und sie fordert eine bessere Auseinandersetzung mit derart großen Vermögen.  

Es ist ein sehr reflektierter Abend, der vor allem Julia Friedrichs Art zu verdanken ist. Sie zeigt ein Verständnis für die Superreichen, das erstmal befremdlich wirkt. Es ist aber notwendig, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen und etwas über sie zu erfahren. Gleichzeitig scheut sie nicht davor zurück, vor der Gefahr zu warnen, die einige wenige mit sehr viel Geld darstellen. Ihre Forderungen an die Politik sind deutlich. Das Publikum profitiert von Friedrichs Recherche und ihren Gesprächen und kann sich nach diesem Abend wohl ein besseres Bild davon machen, was reich sein bedeutet und ob es so erstrebenswert ist. 

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