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Torhaus-Galerie

Mit der vierten Dimension

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Arbeiten von Hella Meyer-Alber und Hiltrud Esther Menz
von Tina Fibiger, erschienen am 22. April 2023
Hella Meyer-Alber und Hiltrud Esther Menz | © Photo: Fibiger

In der Torhaus-Galerie hat eine Ausstellung mit Arbeiten von Hella Meyer-Alber und Hiltrud Esther Menz begonnen. Zur Einführung sprach Kulturbüro-Autorin Tina Fibiger. Ihren Beitrag können Sie hier im Wortlaut nachlesen.

Herzlich willkommen in der Torhaus Galerie „Mit der vierten Dimension“, die Hella Meyer-Alber und Hiltrud Esther Menz mit ihren Arbeiten ansprechen.

Manche von Ihnen werden sich vielleicht an die erste Gemeinschaftsausstellung der beiden Künstlerinnen in der Torhaus-Galerie erinnern und an die besondere Korrespondenz zwischen den Bildmotiven und den Skulpturen. Sie schienen sich auf geheimnisvolle Weise zu verständigen und möglichen bekannten Einwänden zu trotzen. Dass Motive auf der Leinwand anders mitteilbar werden als in Stein und Holz oder dass es eine Farb- und Formensprache gibt, die sich aus den skulpturalen Werkstoffen nicht in dieser Vielfalt destillieren lässt. Und dass es über ihre unterschiedliche Materialität hinaus natürlich auch ästhetische und stilistische Komponenten gibt, in denen sich Erzählungen auf der Leinwand oder in Holz und Stein geformt, voneinander unterscheiden und dann auch anders lesbar sind

Dualität und Kontrast prägen viele Gemeinschaftsausstellungen, auch was Themen und Motive angeht, wie sie schöpferisch befragt und erkunden werden und uns als BetrachterInnen nun auf unterschiedliche und gleichwohl originäre Weise gedanklich und emotional bewegen… wie sie als aufstörend und befremdend erlebt werden, widersprüchliche Eindrücke herausfordern, neugierig machen und auch ganz unmittelbar begeistern, wenn sie etwas Vertrautes bildlich oder skulptural ansprechen und fassbar machen.

Als sich Hella Meyer-Alber und Hiltrud Esther Menz 2016 zum ersten Mal für eine Gemeinschaftsausstellung begegneten, kam es zu einer weiteren unerwarteten Erfahrung. Die Arbeiten schienen mitunter mehr voneinander zu wissen als die Künstlerinnen selbst, die sich beim Hängen und Installieren schon bald in einem vielstimmigen Gespräch ihrer Arbeiten befanden und sich selbst immer wieder staunende Zuhörerinnen erlebten.  

An diese Erfahrungen knüpft jetzt ihre aktuelle Werkschau mit neueren Arbeiten an, mit vielen faszinierenden Zwiegesprächen, in die Sie jetzt hineinhören und natürlich auch hineinsehen können: Mit der vierten Dimension, die ihre Werke bekunden.  

Die vierte Dimension knüpft eben nicht an die vertrauten Maßeinheiten von zwei- und dreidimensional an. Mit ihr erschießt sich ein Begegnungs- und Wahrnehmungsraum, den die beiden Künstlerinnen gern als Phänomen beschreiben, das auch sie erneut in Erstaunen versetzte. Als die aktuellen Arbeiten in der Torhaus-Galerie erstmals zusammenfanden, hatte es wieder den Anschein, als wären sie wie füreinander geschaffen, um gemeinsam auch einen unsichtbaren bewegenden Raum zu schaffen…mit der „Zeitenwende XL“ die nicht nur auf der Leinwand bewegt, sondern im bewegenden Bündnis mit den „Bubbles“ aus Kirsche…  oder dann im Dialog der skulpturalen „Behausung“ mit den beiden Arbeiten aus der Serie „Eiskalt“, wenn der der skulpturale Raum wie ein Refugium anmutet, das beim Anblick der frostigen Höhlungen wärmenden Kräfte zu entfalten scheint.

Hella Meyer-Albers und Hiltrud Esther Menz lassen ihre Arbeiten wie kleine Forschungsinseln zusammenwirken, auf denen ihre feinsinnige Korrespondenz für all die vertiefenden Echos hellhörig macht, die in Marmor, Alabaster und Esche ebenso eingelagert sind, wie auf Leinwand, Leinen und Papier, in Mischtechnik, Tusche oder mit dem Kugelschreiber.  Sie lassen sich natürlich zunächst auch wie Sehinseln erkunden, auf denen wir als BetrachterInnen nach Eindrücken Ausschau halten können, innehalten und dann weiterwandern… sehen, wohin es uns treibt und welcher Eindruck uns dann erneut oder auch ganz anders bewegt, staunen lässt, nachfragen und nachforschen.

Nicht nur die malerische Forschungsreise über die „Nord Stream Sabotage auf der Pipeline“ wird sie vermutlich eine Zeit lang auch gedanklich in Bewegung halten; vielleicht auch mit der Frage, was die blauen Farbströmungen und die hellen Spuren noch alles signalisieren, was nicht an die Wasseroberfläche vorzudringen scheint. Es war dieser Eindruck, der Hiltrud Esther Menz beim Anblick der Nachrichtenbilder faszinierte, dass scheinbar nichts auf ein Katastrophenszenario und seine bombigen Sprengkräfte deutet. Der Eindruck scheint sich in den bewegenden Schwingungen des Alabasters widerzuspiegeln. Der Titel „Schaum“ lässt an eine luftige Leichtigkeit denken, so wie sich hier ein Wellenkörper so anmutig offen aus der Masse der steinernen Masse erhebt, die zerstörerischen Kräften ausgesetzt war und dennoch zu seiner berührend schönen Gestalt fand.

 Dass der sichtbare Schein wie auf dem Ostseepanorama zu trügen vermag, spricht auch aus dem Steatit, dem Hella Meyer-Albers den Titel „Im Sog“ gegeben hat. Auf der Rückseite zeichnet sich in Wellenbewegungen die massive Strömungsenergie ab und wie sie ihre zerstörerischen Kräfte entfaltet, die auf sanft schwingende Form eingewirkt haben.

Manche Arbeiten der beiden Künstlerinnen finden spontan durch ein Farbsignal zusammen oder in einer malerischen Geste, die mit der skulpturalen Form harmoniert.  Dann bekunden sie vielleicht erst auf den zweiten oder dritten Blick ihre Vielstimmigkeit mit der Aufforderung, sie im ständigen Dialog der Zwischentöne mit all den Ansichten und Einsichten weiteren malerischen und skulpturalen Details gemeinsam auf sich wirken zu lassen. 

Auf ihre Weise verständigen sie sich auch mit den globalen Dissonanzen, die Hiltrud Esther Menz in ihren neueren Arbeiten immer wieder thematisiert. Dem „Teufelskreis Krieg & Frieden“, in dem die blauen Kräfte auf rote Farbexplosionen und dunkle Farbsplitter treffen, scheint dieser in sich ruhende Marmorkörper “Aus dem Meer“ von Hella Meyer- Albers zu widersprechen, wie er eine Form der Geborgenheit signalisiert… als ob sich die vielen Unruheherde so vorübergehend besänftigen lassen. Aber ebenso vermag er ja auch eine Kraftquelle verkörpern, die sich nicht ständig im Aufruhr befindet.  Wer weiß… es gibt schließlich viele inspirierende Signale und Lesarten, die die Künstlerinnen in ihren Arbeiten mitteilbar machen und das gilt auch für diesen Marmorkörper und wie er Sie vielleicht auch ganz für sich anspricht. 

Gerade weil Sie mit dieser vierten Dimension ständig auf eine Arbeit treffen, die sich offensichtlich in ihre Betrachtungen einmischen möchte, bleiben Sie im Grunde ständig in Bewegung. Auch beim Innehalten.  Und dann fragen Sie sich vermutlich auch, was diese „Zapfenzelle“ aus belgischem Granit mit dem „Echo der Wunde“ verbindet und die stolze skulpturale Pose mit diesen schattengrauen Leinwandkörpern, die an den Nähten mit der roten Farbenspur ihre Schatten werfen. Wie mir die Künstlerin erklärte, handelt es sich bei der Zapfenzelle um die Zelle, die im Auge für das farbliche Sehen sorgt. Auch dieser Aspekt fasziniert in der Galerie mit der vierten Dimension für eine verfeinerte Wahrnehmung…dass sich eine erhellende Wirkung in einer Farbkomposition zwar anders darstellt als in einem Steinkörper oder in skulptural geformtem Holz, dass das aber zugleich aus Fülle der Gedankenfarben spricht, die sichtbar und hörbar in ihnen zirkulieren.

Hiltrud Esther Menz lässt es lodert, brennen und fackelt in „Unser aller Wald 2022“ mit Blick auf die klimatischen Verwerfungen, die sie mit Motiven Erde, Wasser und Luft kontrastiert und damit auch eine beflügelnde schöpferische Wirkung verbindet, die den Naturkreislauf allen klimatischen Unruheherden zum Trotz immer noch prägt. Von diesen schöpferischen Impulsen, wie sie in Bewegungen, ständigen Veränderungen Entwicklungen und ihrer Wandelbarkeit zum Ausdruck kommen erzählen auch die „Schwingungen“ aus Kirsche und die „Doppelkammern“ aus Flieder und Kirsche. 

Die skulpturalen Körper von Hella Meyer-Alber wollen keine Ruhe geben und wahren bei aller Standfestigkeit ihren skulpturalen Fluss.  Dem Gedanken an mögliche Beengtheiten, Grenzen oder Hindernisse scheinen sie sich auch demonstrativ zu verweigern, so dass manchmal der Eindruck entsteht, sie könnten bis in die Leinwände vordringen… mitten hinein in die Bilderzählung, die ihnen bereits vertraut scheint, um sie auf ihre Weise zu beflügeln und sich in ihrer Erzählung beflügeln zu lassen.

Was Hiltrud Esther Menz und Hella Meyer-Alber als Phänomen beschrieben haben, dass ihre Arbeiten wie füreinander geschaffen in dieser Galerie zusammenfinden, macht sie umso umtriebiger. Das werden Sie auch im benachbarten Raum immer wieder erleben, wo „“Doppelkammer“, „Balance“ und „Zackenbarsch“ sich auch mit Skizzen und Zeichnungen verständigen und dann eine malerische Fantasie nicht nur die Leinwand vergoldet. Pappelholz und Marmor fühlen sich offenbar aufgerufen, mit ihr zu glänzen.

Sie verständigen sich natürlich ebenso gern mit uns, auch wenn sie uns beim Betrachten, Erkunden und Erforschen von Bildmotiven und Skulpturen immer wieder dazwischenfunken, gedanklich und emotional inspirierend, damit auch wir mit der vierten Dimension in Bewegung bleiben und im Gespräch. Ich kann Ihnen versichern, Sie werden staunen, was Sie dabei noch alles entdecken und auch zu hören bekommen, auf das ich Sie hoffentlich auch ein bisschen neugierig zu machen vermochte.

  

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