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Künstlerhaus Göttingen

Gegensätzliche Bedingtheit im Künstlerhaus Göttingen

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Mariana Vassileva »The Gentle Brutality of the Symultaneity«
von Lukas Prießnitz, erschienen am 23. April 2023

The Gentle Brutality of the Symultaneity lautet der Titel von Mariana Vassilevas aktueller Ausstellung im Künstlerhaus Göttingen. Mit Installationen, Skulpturen, Fotografie und Videos geht die in Berlin lebende Konzeptionskünstlerin der Frage der Gleichzeitigkeit von scheinbar gegensätzlichen Ereignissen nach und greift dabei Themen und Fragen unserer Zeit auf.

In der Physik kann von Gleichzeitigkeit nur dann gesprochen werden, wenn in der Mitte von Punkt A und B ein Lichtblitz erstrahlt und die beiden Punkt A und B zur selben Zeit den Blitz sehen können, da beide genau gleich weit von der Lichtquelle entfernt sind. Der Frage der Gleichzeitigkeit und dem Zusammenhängen zweier Ereignisse geht Mariana Vassileva in ihrer Ausstellung im Künstlerhaus Göttingen nach. 
Die in Berlin lebende und arbeitende Konzeptionskünstlerin Mariana Vassileva stellt nun ihre Ausstellung The Gentle Brutality of the Symultaneity im Künstlerhaus aus. Es ist eine Mischung aus Installationen, Skulpturen, Fotografie und Videos. In allen Formen geht die Künstlerin der Frage der Gleichzeitigkeit nach. Scheinbar gegensätzliche Zustände oder Situationen werden gegenübergestellt und oftmals ergibt sich auf diese Wiese ihre Bedingtheit zueinander.

Eine der gezeigten Skulpturen, mit dem Titel Joey, zeigt eine junge Frau. Der Großteil ihres Körpers und ihres Gesichtes ist durch ihr dichtes und voluminöses Haar verdeckt. Nur ein kleiner Bereich ihres Gesichtes kann erahnt werden. In Folge des dichten Haares können die Besucher:innen zunächst kein Geschlecht aufgrund binärer Geschlechtsmerkmale ausmachen. Lediglich ein goldener Finger streckt sich auf Höhe der Genitalien empor und erinnert so an einen Phallus. Nach Peter Funke nimmt diese Skulptur die noch immer bestehenden Bilder zwischen Mann – Frau, Kunst – Wissenschaft und Leben – Tod auf. Vassileva kritisiert die noch bestehenden Vorstellungen und damit einhergehende Attribute, im Besonderen hinsichtlich der Geschlechterbilder.

Neben der Thematisierung von Geschlechterrollen greift die Künstlerin ebenso den Krieg auf und kritisiert diesen qua ihrer Kunst. Eine der Skulpturen zeigt ein Mikrophon in einer Halterung, jedoch befindet sich anstelle einer Membran und Spule am Ende der Hand, eine Granate. Es scheint unwirklich, doch erfasst Vassileva auf eine schon nahezu natürliche Weise die Alltäglichkeit des Krieges und der Gewalt. Ferner zeigt eine weitere Installation das Idyll einer schönen Strandszenerie – Palme, Hängematte und ein Vogel am Horizont. Doch die Hängematte besteht aus einem Stacheldraht und die Palme ist ein Anker. Die Menschen aus dem reichen Europa machen Urlaub, genießen ihr Leben, während zur selben Zeit Menschen an eben jenem Strand, im selben Meer ertrinken oder um ihr Leben kämpfen. Die einen können leben und wissen nicht, was sie mit ihrem Geld anfangen sollen und die anderen wissen nicht, ob sie morgen noch leben oder überleben können.

Ein weiteres Thema ist die künstliche Intelligenz. Vassileva benennt auch bei diesem Thema die Gefahren und Probleme. Die Künstlerin fragt nach den fehlenden Gefühlen und der Empathie, sie möchte bei all der Technik und KI das wesentliche, die Menschen, nicht außen vor lassen. In einem weiteren Video, mit dem Titel Kronstadt, eröffnet sich den Besucher:innen eine bizarre Konstellation aus Ausschnitten einer Werbung von Schusswaffen und einer in das Video eingefügten tanzenden Ballerina. Die gesamte Situation wirkt surreal und unwirklich, doch vereint es zwei Welten, verbindet zwei Situationen. Vergleichbar mit der Mikrophon-Installation, veranschaulicht das Video Nähe und Alltäglichkeit des Krieges.

Vassileva zelebriert jedoch auch das Leben. In dem Video Tango schläft die Protagonistin auf einer Wiese voller Gänseblümchen und lebt die Verbundenheit zur Natur aus. Die Verbindung zwischen dem Menschen und der Natur. Sie bildet die Grundlage unseres Daseins und muss beschützt und in Ehren gehalten werden. Gleichzeitig, so scheint es, mahnt die Konzeptkünstlerin vor der Missachtung der Natur und dem Vergessen der Lebensnotwendigkeit jener.

Michael Stoeber beschreibt Mariana Vassilevas Ausstellung gemäß dem Denken Blaise Pascals, als die Zusammenführung von Gefühlen und dem Denken. Ohne ein solches Zusammenführen wäre beides nur mangelhaft, beschreibt Stoeber weiter. Dieses Streben wird in der Ausstellung in all ihren Skulpturen, Installationen und Fotografien erkennbar, zeigt aber zeitgleich auch die Komplexität und Schwierigkeit der Unternehmung. Eine zum Nachdenken anregende und ausdruckstarke Ausstellung. Vassileva gelingt es, die Themen und Fragen der Zeit aufzugreifen, mittels ihrer Kunst zu kritisieren aber auch zu solennisieren. Die Künstlerin legt gezielt den Finger in die Wunden unserer Zeit und hat ein Gespür für die Missstände in der Welt. Sie setzt wohl pointiert die scheinbaren Gegensätze zusammen, welche sich im Grunde gegenseitig bedingen.

Lukas Prießnitz

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