Am 02. Februar fand das dritte Aulakonzert der Saison der Göttinger Kammermusikgesellschaft statt: Hisako Kawamura am Flügel und Sarah Christian mit der Geige konnten das gesamte Publikum begeistern.
Unter Applaus betreten zwei in Schwarz gekleidete Musikerinnen die Bühne. Die Instrumente sind bereit, die Spannung spürbar – und das Konzert, ausgerichtet von der Göttinger Kammermusikgesellschaft, beginnt. Es ist das dritte der Saison 24/25, die unter dem Motto „Zephyr, Tautropfen und Mondstrahl“ steht. Wiederum unter den Blicken der zahlreichen Zuschauer stehen die Pianistin Hisako Kawamura und die Violinistin Sarah Christian an diesem Abend, mehr als zwei Stunden füllen die gespielten Stücke. So unterschiedlich diese auch sind, eine Konstante zieht sich durch den Abend: die Eleganz, mit der beide Musikerinnen aus ihren jeweiligen Instrumenten Töne und Melodien von leise und zart bis laut und dramatisch hervorrufen.
Dreimal B: Beethoven, Brahms und Bartók
Die Kleidung der beiden ist gut gewählt, um die Aufmerksamkeit auf das Spiel zu lenken: Christians Oberteil bedeckt den Griff-, aber nicht den Spielarm, sodass der Blick automatisch zu diesem gelenkt wird. Bei Kawamura wiederum kontrastieren beide Arme mit dem schwarzen Outfit, die in einem Auf und Ab über die Tasten des Flügels gleiten. Allein dem geschickten Musizieren zuzuschauen, ist bereits faszinierend. Mal scheinen beide in völlig synchronen Bewegungen dieselben Töne zu produzieren, mal verschmelzen Tasten- und Streichinstrument zu einer Stimme, die den ganzen Saal erfüllt. An anderen Stellen treten Geige und Flügel in einen Dialog, führen ganze Gespräche, ohne ein einziges Wort zu sprechen. Die Akustik der Aula am Wilhelmsplatz kommt dem zugute; dass nur zwei Instrumente solche gewaltigen Klänge erwecken können, bezeugt das Können der Musikerinnen. Gespielt werden diverse Violinsonaten von Beethoven, Brahms und Bartók, darunter die Violinsonate G-Dur op. 96, die Violinsonate G-Dur op. 78 und die Violinsonate Nr. 1 Sz 75.
Für Kawamura ist das Konzert eine Wiederkehr: Nach der Teilnahme am 2. Internationalen Göttinger Chopin-Wettbewerb 1993 kam die Elfjährige in Kontakt mit der Organisatorin des Wettbewerbs Małgorzata Bator-Schreiber, deren Schülerin sie wurde und nach Göttingen übersiedelte – der Beginn ihrer Karriere als Pianistin. Auch ist sie an Universitäten tätig, genau wie ihre Partnerin im Duett, Christian. Sie stammt aus Augsburg, gewann im ARD-Musikwettbewerb 2017 einen 2. Preis und ist Professorin an der Musikhochschule Stuttgart. Einen beeindruckenden Lebenslauf haben beide ebenso gemeinsam.
Musik und Meta
Unter den altehrwürdigen Decken der Aula und den etlichen Büsten und Porträts verschiedener Männer zwei Frauen Teile des männlich dominierten Musikkanons spielen zu sehen, wirft einen Metakommentar auf die Musikgeschichte. Das Motto der Saison stammt wieder von einem Mann: aus Robert Schumanns Rezension zu Heinrich Dorns „Tonblumen“. Ein Strauß verschiedenster, auch dorniger Blumen, hat die Kammermusikgesellschaft hier verbunden – und mit der Pianistin und Violinistin wird diese Vielfalt hörbar.
Die Leidenschaft für ihren Beruf sieht man Kawamura und Christian an: Mit viel Liebe werden die leiseren Töne hervor gekitzelt, für die drastischeren Stücke wird der ganze Körper aktiv. Besonders das allerletzte Werk ist gefüllt mit solch lauten Momenten – und ganz abrupt ist es vorbei. Der Applaus am Ende des Konzerts ist tosend, auch Standing Ovations sind zu sehen. Darauf gibt es eine Zugabe: ein rumänischer Volkstanz von Bartók. Danach entlassen die beiden Künstlerinnen ihr Publikum in den verbleibenden Sonntagabend – ein Abend, der einzelne Noten zu ganzen Klangwelten hat werden lassen.